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Die neue Südstadt: Der Dom im Hintergrund
Foto: Peter Hanemann, Wolfgang Hippe

Die Rückkehr des Alten

01. April 2009

Die neue Südstadt, alte Namen und schwarzgrüne Perspektiven- THEMA 04/09

Wer weiß schon, ob die KVB Ende 2011 tatsächlich ihre Nord-Süd-U-Bahn wie geplant eröffnen. Wenn entlang der Severinstraße keine weiteren Häuser einstürzen, soll dann die Linie 16 am Bonner Wall aus der Röhre kommen und links Richtung Rheinufer abbiegen. Die Fahrt führt dabei durch interessantes Gelände, was die Stadtentwicklungspolitik betrifft. Hier demonstrieren zwei überregional aktive Immobilienfirmen, wie sie die Südstadt verändern wollen. Zunächst gibt es einen Blick auf die Wohn- und Büro-Blocks, mit denen Oppenheim- Esch das ehemalige KVB-Depot zwischen Koblenzer, Schönhauser und Bonner Straße bebaut hat. Dort wirkt auch ein gemeinnütziges Zentrum für Frühbehandlung und Frühförderung, dem der frühere Kölner Oberstadtdirektor und heutige Oppenheim-Esch-Vorstand Lothar Ruschmeier, Hedwig Neven DuMont und Köln-OB Fritz Schramma als Vorstands- und Kuratoriumsmitglieder verbunden sind. Weiter Richtung Rhein will Bauwens-Adenauer bauen. Dafür werden derzeit zwischen DB-Bahndamm, Koblenzer und Alteburger Straße Areale aufgekauft. Verkaufen sollen u.a. die Arzneimittelfirma Bolder („Der Spezialist für Lutsch- und Kaupastillen“), die Wohnungsgesellschaft des rheinischen Handwerks und die Katholische Kirche. Einer der Anrainer: „Gegenüber dem Namen Bauwens-Adenauer sind die Katholiken lammfromm“.
Im Besitz der Bauwens Real Estate Group befindet sich bereits das Gelände der ehemaligen Küppers- Brauerei an der Alteburger Straße. Dort soll das Land NRW einen neuen FH-Campus finanzieren, der möglichst alle bisher über Köln verstreuten FH-Abteilungen integriert. Das Geld dafür kommt aus einem zunächst 8 Milliarden Euro starken NRW-Investitionsprogramm für die Hochschulen. Auch jenseits der Südstadt plant Bauwens: In Ehrenfeld ist man in den nächsten Jahren mit dem Areal rund um den Heliosturm befasst.

Neuer Grüngürtel

Geschäftsführende Gesellschafter der Bauwens- Gruppe sind die Brüder Paul Bauwens-Adenauer und Patrick Adenauer. Paul ist in Köln bekannter als Patrick, weil er zudem IHK-Präsident ist. Als solcher hat er u.a. den Masterplan für die Kölner Innenstadt angestoßen und als Vorsitzender des von ihm mitgegründeten Vereins Unternehmer der Region für die Finanzierung organisiert. Als Vorsitzender des Wirtschaftsrats der NRW-CDU gibt er seinem Ministerpräsidenten landesweit Empfehlungen. In seiner Partei galt er lange als Konkurrent von OB Schramma. Schließlich wurde er nicht gekürt, weil mögliche Kollisionen zwischen seinen Interessen als Unternehmer, IHK-Präsident und dem politischen Amt öffentlich wurden.
Als Südstadt-Entwickler setzen die Adenauers indes auf Grün. Ihr Plan sieht einen Grünzug Süd vor, der vom Rheinufer bis nach Zollstock reicht, ihr Programm heißt „Green-Building“. Das steht so ähnlich auch im Masterplan. In den nächsten zehn Jahren soll die Anlage hier bis hin zu einer Bundesgartenschau entwickelt werden, um die sich die Stadt bewerben will. Auf dem dafür vorgesehenen Areal zwischen Bonner und Vorgebirgsstraße liegt derzeit noch der Großmarkt – er soll bis 2020 freigeräumt sein. Nahebei sind im Vorgebirgspark bereits Umweltaktivitäten der Enkel zu besichtigen – Träger hier ist die von ihnen gegründete Kölner Grün Stiftung. Sie soll Großvaters Erbe lebendig halten. Denn Konrad Adenauer, dem Alten, wird bekanntlich nachgesagt, er habe die Kölner Grüngürtel geschaffen. In Wirklichkeit war es sein städtischer Gartendirektor Fritz Encke.

Betonufer

Nichtsdestotrotz kommunizieren die Gebrüder mit ihrer Grün-Färbung ihre Bau-Interessen geschickter als die Developper des Rheinau- Hafens, denen jedes Grün abgeht. Stattdessen ist immer nur von „erstklassiger Architektur“ und hochpreisigen Lagen die Rede. Dementsprechend vermeldet Franz Cornet, Geschäftsführer der Rheinauhafen Verwaltungsgesellschaft, immer neue Zuzüge von Rechtsanwaltskanzleien – als Nachbarn von Microsoft gelten sie automatisch als kreativ. Cornet ist übrigens nicht nur CDU-Mitglied, sondern auch gut befreundet mit Konrad Adenauer, einem weiteren Enkel. Urbanes Leben mag zwischen Kranhäusern und Südkai nicht aufkommen, zumal der Rheinau- Hafen durch die Rheinuferstraße von der Südstadt getrennt ist. Nur einige Südstadt-Wirte und Kreative glauben, dass der neokreative Funke irgendwann über die Straße springt. Fraglich ist auch, ob der südstädtische Einzelhandel vom Rheinau-Hafen profitiert.
Die Pläne der Stadt weisen eher in eine andere Richtung. Demnächst will sie für den 6spurigen Ausbau der Rheinuferstraße 150 Bäume fällen. Dagegen ficht seit kurzem die BI Kein Kahlschlag. Unterstützung erfahren diese Rheinau-Anrainer von Veteranen der Bürgerinitiative Südliche Altstadt BISA, die fast 40 Jahre auf dem Buckel hat. An ihren Theken im „Backes“, im „Dialog“ oder in der „Ubierschänke“ erzählen die Alten, wie es damals war, als die Südstadt noch nach Schokolade roch. In den 1970er Jahren wurde das ehemalige Arbeiterviertel von Künstlern und Studenten entdeckt. Als die damals SPD-regierte Stadt im Zuge ihrer Stadtteilsanierung die Schokoladenfabrik Stollwerck 1980 abreißen wollte, kam es zur Besetzung. Die Aktiven wollten hier in Eigeninitiative günstigen Wohnraum entwickeln. Letztlich scheiterte der Protest, doch in einer Zwischenzeit vor dem endgültigen Abriss konnte sich mit dem „Palazzo Schoko“ für ein paar Jahre eine widerspenstige Musik-, Kabarett- und Comedy-Szene entfalten, deren Protagonisten noch heute erfolgreich im Business sind. Dann war endgültig Schluss. Mit der Zerstörung von Annosaal und Maschinenhalle beseitigte die federführende Sozialdemokratie auch gleich noch ein kulturhistorisch bedeutendes und unersetzliches Denkmal der Medienstadt. Im Stollwerck waren 1896 erstmals in Köln und Deutschland die bewegten Bilder der Gebrüder Lumière zu sehen.

Zweiter Umbruch

Ihre größten Erfolge erreichte die BISA freilich in der Nach-Stollwerck-Zeit. Als Anfang der 1990er junge Leute wie schon in den 1970ern und 1980ern die südstädtischen Kneipen und Discos ansteuerten, kontrollierten BISA-Aktivisten draußen den Lärmpegel, setzten eine frühe Sperrstunde im Veedel durch und sorgten für verkehrsberuhigte Zonen, der endgültige Sieg der Gentrification. Danach ergab sich der Stadtteil einem sanften Schlummer, aus dem ihn erst wieder der U-Bahn-Bau aufschreckte. Der Krater am Historischen Archiv markiert vor allem das Desaster der KVB-Planung, doch er signalisiert endgültig den neuen, längst in Fahrt gekommenen zweiten sozialen Umbruch der Südstadt. An die Stelle der einstigen Visionen treten zunehmend andere, schwarz-grüne Konzepte. Mal sehen, wie die Südstädter auf die neue Farbgebung reagieren.

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