Absprachen und Verträge sind dazu da, Vertrauen zu schaffen. Sie signalisieren Verlässlichkeit und ein gemeinsames Interesse. Die beiden größten Städte in NRW, Köln und Düsseldorf, geben ihren Theaterleitern derzeit zu verstehen, dass ihnen am Einhalten von Zusagen nicht sehr viel liegt. Der im September antretende Chef des Düsseldorfer Schauspielhauses Wilfried Schulz hatte bereits zwei Dämpfer zu verkraften. Zunächst sollte er seine Intendanz erst im November 2016 im sanierten Haus am Gustaf-Gründgens-Platz eröffnen. Bis dahin sollte die unter dem Platz liegende Tiefgarage abgebrochen und mit dem Bau eines Gebäuderiegels von Christoph Ingenhoven am „Kö-Bogen II“ begonnen werden. Die Arbeiten verzögerten sich allerdings erheblich und so flatterte Schulz bald die Hiobsbotschaft ins Haus, dass er sich seine erste Spielzeit im Stammhaus abschminken kann. Nun kommt es noch härter. Schulz darf mit seinem Ensemble gleich zwei Spielzeiten durch die Stadt touren. Aufgrund des Baulärms ist vor 2018 an einen geordneten Proben- und Vorstellungsbetrieb am Gustaf-Gründgens-Platz nicht zu denken. Zwar soll Bob Wilsons Inszenierung von E.T.A. Hoffmanns „Der Sandmann“ im großen Haus gezeigt werden können. Doch die Ausnahme bestätigt die Regel, dass das Central am Hauptbahnhof und ein Theaterzelt auf dem Corneliusplatz auf absehbare Zeit die beiden Hauptspielstätten für das neue Düsseldorfer Ensemble sein werden.
Ähnlich hemdsärmelig gehen auch die Verantwortlichen in Köln mit ihren Oper- und Schauspielintendanten um. Nachdem sich die Eröffnung der sanierten Kölner Bühnen um Jahre verzögern wird, müssen neue Verträge mit den Betreibern der Ausweichspielstätten ausgehandelt werden. Das Schauspiel wird voraussichtlich im rechtsrheinischen Depot bleiben können. Bei der Oper läuft der Vertrag über die Nutzung des Staatenhauses aus, für das Intendantin Birgit Meyer mit harten Bandagen gekämpft hat. Im Gespräch sind jetzt nicht nur diese Spielstätte, sondern auch wieder die MMC Filmstudios in Ossendorf, ein mobiles Zelt oder die Konzerthalle Palladium im Rechtsrheinischen. Um diese Halle, die die Oper schon einmal als Nebenspielstätte genutzt hat, ist nun ein Streit entbrannt. Da der Besitzer das Palladium nicht erneut vermieten, sondern nur verkaufen möchte, kam die Stadt auf eine ganz eigene Idee. Als Eigentum der Stadt könnte die Halle zunächst der Oper als Interimsspielort und nach deren Auszug als zukünftige dritte Spielstätte des Schauspiels dienen. Doch es ist gerade vier Monate her, da hat Schauspielintendant Stefan Bachmann im Auftrag der Stadt eine Machbarkeitsstudie zur Nutzung des Depots als dauerhafte Zusatzspielstätte des Schauspiels erstellt. Wozu der ganze Aufwand? Schlimmer noch: Ende Juni will der Kölner Rat über die Interimsspielstätten entscheiden – auch über den Kauf des Palladiums, ohne jedoch dessen Eignung für Schauspielaufführungen ausreichend geprüft zu haben. Wer Nachhilfe beim Verärgern von Intendanten braucht, bitte in Köln oder Düsseldorf melden.
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