Problemista
USA 2023, Laufzeit: 98 Min., FSK 12
Regie: Julio Torres
Darsteller: Julio Torres, Tilda Swinton, RZA
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Irrwitzige Tragikomödie aus der ewigen Hauptstadt der Neurosen
Mütter und Monster
„Problemista“ von Julio Torres
El Salvador: Der kleine Alejandro wächst wohlbehütet im tropisch umsäumten Haus seiner Mutter auf, einer Künstlerin und liebevollen Glucke, die ihr Kind mit Geborgenheit, Fantasie und Zuversicht überschüttet – er bekommt alles, was er will. Auch als junger Mann will Alejandro (Regisseur Julio Torres) etwas, nämlich: Spielzeugentwickler bei Hasbro werden. Also zieht er nach New York City, wo ihm plötzlich nichts mehr einfach so in den Schoß fällt. Im Gegenteil: Alejandro hängt sich ausgerechnet an die exzentrische Elizabeth (Tilda Swinton), eine unwirsche Kunstkritikerin mit narzisstischer Störung, die jeden Mensch, dem sie begegnet, zum Gegner erklärt – und diejenigen, die sie liebt, einfriert. Eine rotschopfige Brechstange, die Alejandro zum letzten Strohhalm erwächst, an den er sich klammert. Denn allgegenwärtig drohen Arbeitslosigkeit, der Verlust des Arbeitsvisums und damit die Abschiebung aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
Auch Regisseur Julio Torres stammt aus El Salvador und hat sein Glück in New York gesucht, wo er sich plötzlich mit neurotischen Egomanen und der Angst vor dem Visa-Verlust konfrontiert sah. Entsprechend autobiografisch gestaltet sich das Grundgerüst seines Spielfilmdebüts. Torres jedenfalls hat es geschafft: Er tritt als Stand Up-Comedian auf, sein surrealer Witz ebnet ihm schließlich den Weg zu „Saturday Night Live“, er erhält vier Emmy-Nominierungen und fungiert als Autor von Serien. Mit seinem Kinodebüt schickt er seinen Helden ins Rennen, der als Immigrant an den Herausforderungen wächst. Eine Komödie, die nur so sprudelt vor Irrwitz, Poesie und Spielfreude.
Torres legt Wert darauf, niemanden außer sich selbst zu repräsentieren – was die Satire ja nicht ausschließt. Er erzählt seine Biografie als fantastisches, irres Großstadtmärchen. Sein Alejandro befindet sich durchweg im freien Fall und improvisiert sich mit zaghaften Tippelschritten, aber zielgerichtet durch den Tag, den großen Traum vor Augen, während Tilda Swinton brachial alle um sich herum auflaufen lässt – ihre Auseinandersetzung mit einem Kellner ist kolossaler Höhepunkt dieser Begegnungen. Swinton ist eine Wucht, die Stadt New York ein Aberwitz. Als wäre das noch nicht genug, kleidet Torres die wiederkehrenden, angstbesessenen Tagträume seines Helden in skurrile Visionen und bedient sich bei Vorbildern von Michel Gondry über Terry Gilliam bis Wes Anderson. Für sein Fantasiegebilde gewinnt er neben Tilda Swinton RZA als Elizabeths Partner und Isabella Rosselini als Erzählerin. Mit Ruben Östlunds Kameramann Fredrik Wenzel („Höhere Gewalt“, „Triangle of Sadness“) ergründet Torres ideenreich absurde bis fantastische Perspektiven auf Traum und Realität. Und so gelingt ihm am Ende eine wundervolle, durchaus tragische, aber vor allem äußerst komische Heldenreise durch die US-Metropole, wo sich jeder selbst am Nächsten ist und wo man idealerweise genau daran erwächst. Im Rückblick sagt Torres, er betrachte alle Hindernisse, denen er begegnet sei, nicht mehr als Hindernisse, sondern als das Leben. Nun, zumindest das Leben in New York.
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