Mitte September feierte die Filmmesse Leipzig ihren 10. Geburtstag und hat sich mittlerweile zu einer der attraktivsten Branchenveranstaltungen
gemausert.
Jedes Jahr im September organisiert die Gilde AG-Kino, der Zusammenschluss der deutschen Programmkinos, diese Filmmesse als Forum für Kinobetreiber, Verleiher und andere Branchenteilnehmer mit dem Schwerpunkt Filmkunst. Die AG-Kino, die in den 70er Jahren als Interessenvertretung der Filmkunstkinos gegründet wurde, hatte über 25 Jahre lang das Hamburger Filmfest genutzt, um neben Sichtung neuer Filme auch ihre Mitgliederversammlung und Gespräche über Filmpolitik abzuhalten. 10 Jahre nach der Wende wurde im Osten konstatiert, dass die Filmkunst dort einen schwereren Stand als im Westen hat und vor allem die Kinos nur wenig Gebrauch von den regelmäßigen Prämierungen durch das nationale Kultusministerium (BKM) machten. Mit dem Umzug nach Leipzig sollte auch ein filmpolitisches Signal ausgegeben werden, und man kann sagen: Es ist geglückt.
Mit der Entscheidung, eine Plattform zu schaffen, bei der der anspruchsvolle Film im Mittelpunkt steht, wurde die Filmmesse Leipzig zu einer Erfolgsgeschichte. Während im ersten Jahr 400 Fachbesucher 33 Filme von 23 Verleihern betrachteten, waren es im Jahr 2010 weitere über 1.000 Besucher, die mehr als 60 Filme von über 40 Verleihern sehen konnten.
Jedes Jahr wurde das Programm anspruchsvoller, und ein umfangreicher Seminar- und Diskussionsbereich bereicherte das Filmprogramm. Mittlerweile sind fast alle wichtigen deutschen Filmverleiher in Leipzig präsent, um ihre anspruchsvollen Projekte zu zeigen. Auch kommen bei weitem nicht nur die Betreiber von Programmkinos auf der Nachfragerseite nach Sachsen, die zunehmende programmatische Vermischung auch der Multiplexe zieht jedes Jahr Betreiber des Mainstreams an. Denn unter den rund 500 Filmen, die in jedem Jahr auf die deutschen Leinwände kommen, sind ca. 300 Filme, die das Arthousesegment bedienen. Dass dennoch der Filmkunstbereich nur 15-20% der Besucherzahlen ausmacht, ist ein Umstand, der regelmäßig diskutiertes Thema ist. Die große Individualität der Betreiber steht dem Wunsch, dem Qualitätssiegel eine einheitliche Erscheinungsform zu ermöglichen, entgegen. Die Programmkinos sind in noch stärkerem Umfang Einzelkämpfer, wenngleich der Verband in seinen konstanten Bemühungen, die Gemeinsamkeiten in der Qualitätsoffensive zu stärken, nicht nachlässt.
Das derzeit am intensivsten diskutierte Thema war auch hier die Digitalisierung. Für den Filmkunstmarkt erhält die Diskussion noch eine besondere Bedeutung, da sich hier die Geschäftsmodelle der Mainstream-Kinos kaum anwenden lassen. Weder ist die teure, den amerikanischen Sicherheitsanforderungen genügende Technik erforderlich, noch ist die Form der Filmauswertung für die diskutierten Geschäftsmodelle tauglich. Während beim Mainstream alle Kinos gleichzeitig den Film starten und ihn nach 3-4 Wochen absetzen, gibt es im Filmkunstbereich echte Langläufer, d. h. einzelne Filmkopien wandern von Woche zu Woche in andere Kinos. Insofern fordert hier die Branche, dass völlig neue Ansätze der Digitalisierung für Programmkinos ersonnen und auch gefördert werden. Und da die Filmkunst immer auch viele Gönner in der Politik hat und im Wesentlichen dazu beiträgt, dass der reduzierte Mehrwertsteuersatz von 7% für alle Filmvorführungen gilt, haben auch dieses Jahr wieder alle auf Leipzig geblickt, um die von dort ausgehenden Impulse wahrzunehmen.
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