Am 12. Mai wurde der Deutsche Filmpreis feierlich in Berlin verliehen. Aber im Vorfeld der Preisverleihung rumorte es in der Filmbranche nicht nur, weil gerade der Skandal um das anscheinend despotische Gebaren von Till Schweiger bei seinen Filmdrehs die Runde machte. Oder die Debatte um faire Bezahlung, in den Medien aktuell respräsentiert durch den Streik der Writers Guild America, die größte amerikanische Vereinigung von Drehbuchautor:innen. Es rumorte auch, weil die immer wieder aufkeimende Kritik an der Preisvergabe des Deutschen Filmpreis am Beispiel des Films „Roter Himmel“ von Christian Petzold neu entflammt war. Bei der Berlinale mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet, war er wie zwei weitere dort prämierte deutsche Wettbewerbsbeiträge nicht einmal nominiert.
Die Preisvergabe ist aus mehreren Gründen problematisch. Seit der ersten Berlinale 1951 wurde er als Bundesfilmpreis vergeben, 1999 dann in Deutscher Filmpreis und die Trophäen in „Lola“ umbenannt. Bis 2004 wurde der Preis durch eine Kommission bestimmt, in der u.a. auch Politiker:innen und Kirchenvertreter saßen. Das wurde immer wieder kritisiert, bis 2003 auf Anregung von Produzent Bernd Eichinger die Deutsche Filmakademie nach Vorbild der amerikanischen Academy, die den Oscar wählt, als Verein gegründet wurde. Seit 2005 küren die rund 2200 Mitglieder dieser Akademie nach einer Vorauswahl durch eine Jury die Gewinner des Deutschen Filmpreises. Das Problem: Nicht mehr eine unabhängige Jury verteilt über drei Millionen Euro an staatlicher Subvention, die aus Steuergeldern generiert wird, sondern die Mitglieder der Akademie – flapsig ausgedrückt – verteilt sie an sich selber. ‚Sich selber‘ meint: unter Umständen auch an den eigenen Arbeitgeber oder sogar den eigenen Film, an dem man beteiligt war. Das ist bei den undotierten Oscars in den USA wie auch den europäischen Nachfolgern, den Césars in Frankreich, den Goyas in Spanien, den David di Donatellos in Italien, den BAFTAs in England und natürlich auch bei der 1988 gegründeten Europäischen Filmakademie anders. Da gibt es keine Preisgelder, nur die Ehre. Erst im Nachhinein ergibt sich indirekt, an der Kinokasse oder bei weiterer Verwertung der Filme durch die Preise, eventuell auch auf monetärer Ebene ein Gewinn.
Ein anderes Problem liegt ausgerechnet im scheinbar demokratischen Ansatz der Preisvergabe. Wenn über zweitausend Personen abstimmen, setzt sich meist ein Mehrheitsgeschmack durch, auch wenn in diesem Jahr mit „Das Lehrerzimmer“ eine Überraschung unter den Preisträgern war. Ebenso Filmemacher:innen, die nicht Mitglied der Deutschen Filmakademie sind – wie zuletzt bei „Roter Himmel“ – haben häufig das Nachsehen. Eine unabhängige Jury aus Expert:innen könnte dem Abhilfe schaffen. Oder ein Mehrheitsentscheid durch die Branchenmitglieder, dann aber ohne Preisgelder. Hierfür findet man in der Filmbranche sicher an anderer Stelle Verwendung. Entweder – Oder. Die aktuelle Gemengelage hatte schon bei der Gründung der Filmakademie ein Geschmäckle, das man nach 20 Jahren endlich abstreifen sollte. Zumindest wurde kurz vor der Preisverleihung verkündet, dass die Akademie das Auswahlverfahren endlich überdenken wolle.
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