Mittwoch, 16. Januar: Ähnlich wie im Publikumserfolg „Young@Heart“, in dem einige singende Senioren porträtiert wurden, geht es auch in Irene Langemanns neuem Film „Das Lied des Lebens“ um die Kraft und Freude, die ältere Semester aus dem gemeinsamen Singen und Musizieren ziehen können. Im Zentrum des mitreißenden Dokumentarfilms steht Bernhard König, der ein Kompositionsstudium absolviert hat und nun seit einigen Jahren bevorzugt mit Senioren arbeitet. Mit viel Fingerspitzengefühl und Charme bringt der Musiker verborgene oder lange brach liegende Talente seiner Schützlinge ans Tageslicht. Regisseurin Langemann gab in Köln unumwunden zu, dass sie bislang noch bei keinem ihrer mittlerweile rund 20 Filme derart „große Gefühle“ entwickelt hätte, wie es hier bei ihren greisen Protagonisten nun der Fall war. Für Lothar Mattner, in seiner Funktion als WDR-Redakteur einer der Koproduzenten des Films, „strahlt der Film eine große Freude aus“, zudem sei hier „etwas künstlerisch sehr Wertvolles entstanden.“
Bernhard König, der an der NRW-Premiere des Films in Köln ebenfalls teilnahm, dankte im Odeon-Kino insbesondere den Kölner Institutionen, die dem Rentnerchor Räume zur Verfügung gestellt und damit dessen Existenz überhaupt erst sichergestellt hätten: die Alte Feuerwache, die Philharmonie und schließlich die Volkshochschule. Zeitgleich mit dem Kölner Chorprojekt wurde damals auch in Troisdorf ein Chor gegründet, der sich mittlerweile aber ein Stückweit verselbständigt habe. Königs Initiative ist auf einen dreiteiligen Kompositionsauftrag mit Menschen über 70 Jahren zurückzuführen, der von der Addy-von-Holtzbrinck-Stiftung gefördert wird. Neben dem besagten Kölner Chor und einem Projekt im Stuttgarter Generationenzentrum Sonnenberg umfasste dieser Auftrag auch noch ein Chorprojekt mit Hospizbewohnern in Stuttgart, das allerdings in Irene Langemanns Film ausgeklammert wurde. Wer nach der Projektion des Films „Das Lied des Lebens“ noch nicht vom Charme und der Vitalität der Protagonisten überzeugt war, der konnte sich schließlich direkt im Kino noch ein Bild davon machen, als Bernhard König und seine Mitstreiterinnen Alexandra Naumann und Ortrud Kegel mit einigen der Kölner Chormitglieder live vor Ort musizierten.
Dazu hatten sie sich Texte des aktuellen Tagesgeschehens vorgenommen, die unter dem Titel „Sie hören Nachrichten“ aufgeführt wurden. Den Textpart übernahm als Sprecherin Christiane Wedel auf der Bühne, unterstützt von den drei professionellen Musikern und drei ausgewählten Solistinnen des Chors. Die restlichen der rund dreißig anwesenden Chormitglieder standen in den Gängen des Kinos und kommentierten die verlesenen Nachrichten mit Lautmalereien und gemeinschaftlich vorgetragenen Schlagwörtern. Dieser experimentelle Zugang zur Musik ist laut Bernhard König ein Alleinstellungsmerkmal seiner Seniorenmusikarbeit. Alles, was sein Chor vorträgt, wurde extra für diesen komponiert oder arrangiert, wenn nicht sogar gemeinsam mit den Chormitgliedern entwickelt. Dass gemeinsames Singen ansteckend ist, merkte man spätestens zum Abschluss der Veranstaltung, als mit allen anwesenden Kinobesuchern der Kanon „Singen alle 110 auf einmal“ angestimmt wurde und so mancher Zuschauer den Saal mit einem Lächeln im Gesicht verließ.
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