Wir nähern uns unaufhaltsam der Gleichberechtigung. Die bisherigen Gruppenspiele der Frauenfußball-WM boten ungefähr den gleichen Unterhaltungswert wie das übliche Vorrunden-Vorgeplänkel bei den Männerturnieren. Nervosität, Hektik und ein überschaubares spielerisches Niveau bestimmten das Bild. Darüber hinaus taten es die englischen Frauen ihren männlichen Kollegen in Sachen WM-Fehlstart nach – und Torfrau Karen Bardsley tat allen Kritikern den großen Gefallen, die Klischees über Torhüterinnen im Allgemeinen und englische Ballfänger/innen im Besonderen zu bestätigen, als sie einen erkennbar haltbaren Fernschuss der Mexikanerin Monica Ocampo passieren ließ. Die hübsche Nebenpointe der Geschichte: Bardsley hatte sich erst kürzlich in einem Gespräch mit dem britischen „Guardian“ wortreich darüber ausgelassen, dass all die Klischees über Torhüterinnen ja gar nicht stimmten. Tja, das nennt man wohl Künstlerpech oder Vorführeffekt.
Aber immerhin gab es auch schon ein Tor zum Zungeschnalzen, den ebenso gefühlvoll wie schulmäßig in den Winkel gezirkelten Freistoßtreffer der Kanadierin Christine Sinclair zum 1:2-Endstand gegen Deutschland. Torfrau Nadine Angerer, die bei der letzten WM 2007 kein einziges Tor kassiert hatte, dürfte mächtig geflucht haben – aber an diesen Ball wäre auch keiner ihrer männlichen Kollegen mehr herangekommen. (Es sei denn, du bist Titan, dann hältst du so einen natürlich.)
Dann gab es schließlich auch das erste richtige Kampf- und Krampfspiel in der Begegnung zwischen Deutschland und Nigeria, einer verbissen geführten Partie mit Haken und Ösen und was die Fußballstandardphrasen sonst noch so hergeben. Und einem Fernsehkommentator, der sich ob der vielen harten Attacken und Fouls der Nigerianerinnen und der schwachen Leistung der Schiedsrichterin gar nicht mehr einkriegen mochte. Und einer Bundestrainerin, die sichtlich angefressen und ziemlich schmallippig nach Spielende die Reporterfragen beantwortete. Das kennt man alles: Willkommen im Club. (Da ist es fast zu bedauern, dass „Waldis WM-Club“ in der ARD heuer nicht stattfindet. Man stelle sich vor, Silvia Neid wäre zu Gast bei Waldemar Hartmann gewesen und hätte einen Auftritt wie weiland Rudi Völler in Island hingelegt. Großes Kino.)
Wenn es stimmt, dass der Frauenfußball in Sachen Professionalisierung eine nachholende Entwicklung durchläuft, sind wir demnach zurzeit in der Phase Rumpel- und Ergebnisfußball angelangt. Nicht unbedingt schön, aber am Schluss auf jeden Fall spannend.
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