Der Filmclub 813 e.V. wurde am Freitag im Filmhaus am Potsdamer Platz in Berlin mit dem Lotte-Eisner-Preis des Kinematheksverbundes ausgezeichnet, ein erst im letzten Jahr eingeführter, mit 6000 Euro besonders hoch dotierter Spitzenpreis. Er wird vergeben „für herausragende Programmarbeit“, die „eine begeisterte und kritische Auseinandersetzung mit der Filmgeschichte und ihren Präsentationsformen ermöglicht“.
Der Kinematheksverbund zeichnete zum 18. Mal die Arbeit Kommunaler Kinos und filmkultureller Initiativen aus, die für außergewöhnliche Programme stehen. Der Filmclub 813 wurde schon in den Jahren 2003, 2005, 2008, 2015 und 2016 mit Blick auf die Vermittlung von Filmgeschichte prämiert. Der 1990 gegründete Verein ist seit 2001 Eigentümer des Kinosaals im ehemaligen britischen Kulturinstitut „Die Brücke“ nahe dem Neumarkt.
Der Vereinsvorsitzende Bernhard Marsch, ein Kölner Filmemacher, erklärte gegenüber choices, das ganze Team sei stolz und habe mit so einer „wahnsinnigen Ehrung“ nicht gerechnet.
Die fünfköpfige Jury begründete ihre Entscheidung wie folgt: „Der Filmclub 813 e.V. erhält den Lotte-Eisner-Preis für sein ausgezeichnetes, erfrischend kreatives Programm, das Alt mit Neu, Stumm mit Ton, Kunst mit Pop und Konsenskanon mit Trash verbindet. Der Filmclub 813 liebt, sieht, kuratiert, empfiehlt und zeigt außergewöhnliche Filme (...) in der vorwiegend analogen Vorführpraxis. Sie haben in ihrem Jubiläums-Kinojahr 2016 das erste 813-Non-Stop-Kino-Wochenende mit einem wagemutigen Programm installiert, das sich nicht scheut ‚L'Etoile de Mer‘ (1928) von Man Ray als Vorfilm zu einer 35mm-Kopie von ‚Der SpongeBob Schwammkopf Film‘ aus dem Jahr 2014 zu zeigen. (...) Die Kurator*innen lassen sich von ihrer kritischen (Schau-)Lust und ihrem Kinowissen treiben, abseits eines vermeintlichen Kanons, und bereichern damit das Kinogeschehen. Die ‚Eisnerin‘ [Lotte Eisner - die Red.] wäre angetan von der vorbildhaft cine-enthusiastischen Programmarbeit und differenzierten Auseinandersetzung mit den Medien, Formaten und Inhalten von Film.“
Gründungsmitglied Hans-Dieter Delkus erklärte uns 2006: „Unser Programm geht von Avantgarde bis Trash.“
Auch im aktuellen Programm findet man unter anderem Filmreihen über Paris, Italowestern, zivilen Widerstand und Regisseur Helmut Herbst. Im November ist das Kino auch als Spielort am Kurzfilmfestival Köln, Tüpisch Türkisch und LaDOC beteiligt. Als erste vollständige Retrospektive im nächsten Jahr ist eine Filmreihe zu Werner Enke („Zur Sache, Schätzchen“) angedacht, bei der auch „Mit mir nicht, du Knallkopp“ (1983) erstmals wieder gezeigt werden könnte. „Der ist lange Zeit unter Verschluss gewesen“, so Bernhard Marsch, „weil sie ihn selber nicht gut fanden. Wir haben sie aber jetzt überzeugen können, dass man doch einmal alle fünf Filme zeigt.“ Zudem würde somit „Hau drauf, Kleiner“ (1974) zum ersten Mal wieder in Köln zu sehen sein.
Das Preisgeld, das auch die Reise nach Berlin finanziert, diene vor allem dazu, „das eine oder andere Loch zu stopfen“, sagt Marsch. Außerdem habe man nun für 2018 eine Filmreihe zu der Filmkritikerin und -historikerin Lotte Eisner (1896-1983) ins Auge gefasst. „Der Preis hat ja nicht umsonst diesen Namen, und ich habe jetzt zu ihr etwas recherchiert. Was ich erfahren habe, macht das Projekt umso interessanter, zumal man nicht einen Regisseur oder Schauspieler oder ein hehres Anliegen in den Mittelpunkt einer Filmreihe stellt, sondern diese Person, die einen besonderen Zugang hatte und eine Kapazität auf ihrem Gebiet war, sogar grenzüberschreitend zwischen Frankreich und Deutschland.“
Für das Programm im Kino sind alle der derzeit 66 Mitglieder mitverantwortlich. „Es gibt da so einen harten Kern von Leuten“, erläutert Marsch, „diejenigen, die sich monatlich für das neue Programm bereiterklären, etwas zusammenzustellen. Jeder kann seine Ideen einbringen, kann auch seine Solo-Nummern machen, aber es muss in einen Gesamtzusammenhang passen. Es darf den Filmclub natürlich nicht in den Ruin treiben. Und wir stimmen auch nicht ab, sondern wir versuchen immer ein Arrangement zu treffen.“ Man plane jedoch eher kurzfristig und habe manche Monate „keinen richtigen Schwerpunkt“, weil für die ehrenamtliche Tätigkeit nicht immer genug Zeit da sei. „Man hat einfach nicht die Kapazitäten, es so zu machen, wie ein Filmmuseum oder ein Kommunales Kino.“
Im Kölner Raum wurde auch das Kommunale Kino in Leverkusen zum wiederholten Male in der Kategorie „Kino, das verbindet“ mit einem Preis bedacht. „Mit sinnvollen Programmabsprachen mit dem Programmkinobetreiber schafft das Kommunale Kino der VHS Leverkusen, ein engagiertes und breit gefächertes Programm in Kooperation mit vielen Institutionen anzubieten“, so die Begründung der Jury.
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