Wenn vom Arbeitsmarkt Kultur und der Kultur- und Kreativwirtschaft gesprochen wird, ist gerne von der dort bestehenden „Einkommensspreizung“ die Rede. Nicht alle können Topverdiener sein, vielen mag es schlecht gehen, aber insgesamt werden es die Boombranchen schon richten. Ein Blick in die bundesweite Statistik zeigt allerdings, dass die Gewichtung von Selbstständigen und Unternehmen nach Umsatzgröße hier ein etwas einseitiges Bild entstehen lässt. Für die Kerngruppe der Künstler und Kulturunternehmen, die im sogenannten Wirtschaftszweig 90 zusammengefasst sind, ergeben sich folgende Daten: Mehr als 10 Millionen Euro Umsatz erreichen nur 0,04%, mehr als 250.000 Euro nur 1,7%. Dagegen erzielen 66,8% nur einen Umsatz von bis zu 17.500 Euro, 18,6% erreichen zwischen 17.500 und 50.000 Euro. Das macht mehr als acht Zehntel der kreativen Branchen aus.
Neue Zahlen für NRW zeigen ein ähnliches Bild. Nur um die Verhältnisse zu verdeutlichen und um eine Orientierung zu bieten: 2008 lag nach Angaben des Statistischen Bundesamtes das jährliche mittlere Personeneinkommen in Deutschland bei 21.264 Euro.
Neuere Untersuchungen belegen zugleich für ganz Europa die wachsende Bedeutung der Freelancer und Selbstständigen für die Kultur- und Kreativwirtschaft insgesamt. Die „Kleinen“ sind längst aus dem Stadium bloßer Zulieferer für die mittelständischen Unternehmen herausgewachsen. Die Marktbeziehungen zwischen Urhebern, Autoren oder Darstellern und den Verwertern in der Kultur- und Kreativwirtschaft werden brüchiger, die Konflikte dürften hier zunehmen. Ohne die Kultur-/Kreativszene und ihre Innovationskraft wird es allerdings schwer werden, neue Entwicklungsräume und Märkte für die Kultur- und Kreativwirtschaft insgesamt und vor allem auf lokaler und regionaler Ebene zu generieren. Und damit auch auf Dauer die kulturelle Vielfalt zu sichern.
Deshalb ist hier die Politik gefragt. Sie wird dabei in gewissem Rahmen selbst kreativ werden müssen. Denn die „kleine Kulturwirtschaft“ ist weder in Verbänden organisiert, noch tritt sie in aller Regel bei Gewerkschaften und Wirtschaftskammern auf oder lässt sich gar auf politische Podien locken. Damit fällt sie zwangsläufig durch die Raster des traditionellen (kultur- und wirtschafts-)politischen Betriebs. Dort dominieren die Verbände der größeren Kultur- und Kreativunternehmen und prägen auch das öffentliche Bild der Kultur- und Kreativwirtschaft mit. Obwohl sie realistisch gesehen nur einen Teil der Interessen formulieren können, versuchen sie, die Richtung für alle Akteure vorzugeben und die Politik entsprechend zu beeinflussen. Die wiederum tut sich bei der Entwicklung übergreifender Förderprogramme für die Kultur- und Kreativwirtschaft insgesamt schwer. Hier gilt es nach Perspektiven zu suchen.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
„Ein Pfund, mit dem wir wuchern sollten“
Ulrich Soénius über die Stärken des Standortes Köln – Thema 06/13 Kreative Masse
Die neue Bescheidenheit
Was kommt nach dem Hype um die Kreativwirtschaft? – THEMA 06/13 KREATIVE MASSE
„Ohne Eigeninitiative läuft nichts“
Manfred Post über Popkultur, Kunst und Markt – Thema 06/13 Kreative Masse
Im Netzwerk starker Frauen
Der „Salon Zwei“ und die kleine Kreativwirtschaft in Köln – Thema 06/13 Kreative Masse
Gegen welche Regel?
Intro – Flucht und Segen
Rassismus kostet Wohlstand
Teil 1: Leitartikel – Die Bundesrepublik braucht mehr statt weniger Zuwanderung
„Ein Überbietungswettbewerb zwischen den EU-Staaten“
Teil 1: Interview – Migrationsforscherin Leonie Jantzer über Migration, Flucht und die EU-Asylreform
Ein neues Leben aufbauen
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Verein Mosaik Köln Mülheim e.V. arbeitet mit und für Geflüchtete
Schulenbremse
Teil 2: Leitartikel – Was die Krise des Bildungssystems mit Migration zu tun hat
„Die Kategorie Migrationshintergrund hat Macht“
Teil 2: Interview – Migrationsforscher Simon Moses Schleimer über gesellschaftliche Integration in der Schule
Bildung für Benachteiligte
Teil 2: Lokale Initiativen – Der Verein für multikulturelle Kinder- und Jugendhilfe in Bochum
Zum Schlafen und Essen verdammt
Teil 3: Leitartikel – Deutschlands restriktiver Umgang mit ausländischen Arbeitskräften schadet dem Land
„Es braucht Kümmerer-Strukturen auf kommunaler Ebene“
Teil 3: Interview – Soziologe Michael Sauer über Migration und Arbeitsmarktpolitik
Ankommen auch im Beruf
Teil 3: Lokale Initiativen – Bildungsangebote für Geflüchtete und Zugewanderte bei der GESA
Das Recht jedes Menschen
Die Flüchtlings-NGO Aditus Foundation auf Malta – Europa-Vorbild Malta
German Obstacle
Hindernislauf zur deutschen Staatsbürgerschaft – Glosse
Weihnachtswarnung
Intro – Erinnerte Zukunft
Aus Alt mach Neu
Teil 1: Leitartikel – (Pop-)Kultur als Spiel mit Vergangenheit und Gegenwart
„Früher war Einkaufen ein sozialer Anlass“
Teil 1: Interview – Wirtschaftspsychologe Christian Fichter über Konsum und Nostalgie
Spenden ohne Umweg
Teil 1: Lokale Initiativen – Das Netzwerk 2. Hand Köln organisiert Sachspenden vor Ort
„Nostalgie verschafft uns eine Atempause“
Teil 2: Interview – Medienpsychologe Tim Wulf über Nostalgie und Politik
Nostalgie ist kein Zukunftskonzept
Teil 2: Leitartikel – Die Politik Ludwig Erhards taugt nicht, um gegenwärtige Krisen zu bewältigen
Lebendige Denkmäler
Teil 2: Lokale Initiativen – Die Route Industriekultur als Brücke zwischen Gestern und Heute
Glücklich erinnert
Teil 3: Leitartikel – Wir brauchen Erinnerungen, um gut zu leben und gut zusammenzuleben
„Erinnerung ist anfällig für Verzerrungen“
Teil 3: Interview – Psychologe Lars Schwabe über unseren Blick auf Vergangenheit und Gegenwart