Die Fleet Foxes musikalisch einzuordnen, ist nicht leicht. Irgendwo zwischen den ambitionierten Melodien der Beach Boys, dem melancholischen Flair der Shins und dem psychedelischen Folk-Sound von Neutral Milk Hotel könnte man die Fleet Foxes und ihr aktuelles Album „Crack-Up“ sehen. Die fünfköpfige Band aus Seattle beschreibt ihre Musik selber als „baroque harmonic pop jams“, und da sich ihre Arbeit schon lange nicht mehr einfach unter Folk-Pop zusammenfassen lässt, trifft es das wohl am besten. Bereits 2008, mit Erscheinen ihres Debütalbums „Fleet Foxes“, wurde der Stil der Band mit der psychedelischen Popmusik der 1960er und 70er Jahre verglichen. Für ihr zweites Album „Helplessness Blues“ erweiterte die Band ihr Klangbild um neue Instrumente wie die Steelguitar und den Kontrabass, ohne jedoch den Fokus auf ihre vielstimmigen Chorsätze zu verlieren.
„Crack-Up“ ist experimenteller als die Vorgänger-Alben und zeigt, dass die Band ihre kreative Auszeit von sechs Jahren genutzt hat, um in ihrem eigenen Sound etwas Neues zu entdecken. Der bekannte mehrstimmige Gesang klingt erhabener, die Harmonien haben eine fast schon kathedralische Dramatik an sich. Robin Pecknold selber erklärt, dass das Album an F. Scott Fitzgeralds Essay „The Crack-Up“ angelehnt ist, und die Auszeit zwischen den Alben nötig war, um sich selber – der 31-Jährige hat sich in der Zwischenzeit zum Beispiel an der New Yorker Columbia-Universität eingeschrieben – zu finden. Fleet Foxes beschreiben „Crack-Up“ daher als „ein Album, das sich zwar mit ihrer vorangegangenen Arbeit eingliedert, jedoch auch eigenes Terrain erforscht und ihnen einen klaren Weg nach vorne weist.“
Letzten Freitag spielte die Band live im Palladium und verzauberte sein Publikum mit einer ausgewogenen Mischung ihrer drei Alben sowie einiger Solo-Performances von Leadsänger Pecknold. Eröffnet wurde der Abend vom – hier noch hauptsächlich unbekannten – Soul-Sänger Nick Hakim, dem trotz beeindruckender Stimme und entspanntem Sound die Akustik im Palladium ein wenig ein Strich durch die Rechnung machte. Seine Stimme wirkte zu hoch, der Bass zu tief und zu laut, wodurch es den Zuschauern schwerfiel seine Performance zu genießen. Auch wenn sich der Sound bei den Fleet Foxes deutlich verbesserte – die orchestralen Klänge und die erhabene Stimme Pecknolds wirkten in der großen Halle fast etwas flach.
Das Konzert begann genau wie ihr neues Album mit den Songs „I Am All That I Need / Arroyo Seco / Thumbprint Scar“ und „Cassius, –“. Der ungewöhnlichen Zusammenstellung an Sounds und Stimmungen war auf der Platte schon manchmal schwer zu folgen und stellte sich live nicht viel einfacher dar. Während die Band mit den experimentelleren Songs selber noch etwas zurückhaltender umging, nahm sie vor allem bei Titeln wie „White Winter Hymnal“ oder „Mykonos“ der bekannteren Platten „Sun Giant“ und „Fleet Foxes“ richtig Fahrt auf, wobei sich auch die Stimmung in der Halle lockerte.
Dem Publikum merkte man an, dass es die Performance genoss. Vor allem bei Pecknolds Akustik-Version von „Tiger Mountain Peasant Song“ fühlte man sich der Band näher, die bis auf das altbekannte „We love Germany“ auf Interaktionen mit dem Publikum verzichtete. Auch wenn zwischendurch mal ein Foto gemacht wurde, sah man kaum jemanden mit einem Handy in der Hand. Exemplarisch für die Stimmung und die Wirkung, die die Band auf das Publikum hatte, war ein älterer Mann, der in den hinteren Reihen des Palladiums barfuß, ausgelassen tanzte und dabei oft die Augen schloss, um die Musik richtig genießen zu können. Trotz der schönen, psychedelisch angehauchten Bilder auf einer großen Leinwand hinter der Band war man an diesem Abend mehr Zuhörer als Zuschauer. Pecknolds Stimme zog in den Bann und ließ die Größe des Palladiums schnell vergessen.
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