choices: Herr Schmidka, wie sind Sie auf die Idee gekommen, rückwärts zu pilgern?
André Schmidka: Durch den Medienrummel um die Jakobswege. Inzwischen wollen ja praktisch alle einmal im Leben ein Stück Richtung Santiago de Compostela gehen. Dahin wollen wir aber gar nicht, das ist uns einfach zu weit. Wir bleiben lieber im Raum Köln.
Wo pilgern Sie? Es gibt drei Streckenabschnitte des Jakobswegs, auf denen wir uns bewegen. Der erste läuft aus dem Bergischen über Altenberg und Odenthal auf Köln zu. Von Köln führt ein zweiter über Widdersdorf, Brauweiler und Düren Richtung Aachen. Der dritte geht über die Luxemburger und Berrenrather Straße und dann über Brühl und Euskirchen in die Eifel. Meine Freunde und ich suchen uns jeweils nach Lust und Laune einen Startpunkt aus, den wir mit dem ÖPNV gut erreichen können, dann gehen wir rückwärts fünf oder sechs Kilometer auf ein Gasthaus zu. Dort hängen wir dann ein wenig ab.
Kann man Ihre Variante überhaupt Pilgern nennen? Das ist mehr als Pilgern. Während diejenigen, die auf Santiago de Compostela zupilgern, irgendwann schlapp machen, bleiben wir fit und hochkonzentriert – sonst fällt man auf den Hosenboden.
Wo bleibt das innere Erleben? Man muss beim Rückwärtspilgern das Gehirn anders einsetzen. Man bekommt ein anderes Körpergefühl, wenn man sich traut, rückwärts zu gehen. Man lernt seinen Körper neu kennen. Rückwärts pilgern hilft, voranzukommen.
Braucht man beim Rückwärtspilgern keinen Rückspiegel? Nein, den Weg zurück hat man im Gefühl.
Sind Sie schon einmal mit Vorwärts-Pilgern zusammengestoßen? Nein. Tatsächlich trifft man im Raum Köln kaum auf andere Jakobspilger. Die meisten fahren ja mindestens bis an die Pyrenäen heran. Allerdings erregen wir bei Spaziergängern immer wieder Aufsehen. Wenn die dann fragen, was wir machen, sagen wir, wie wären auf dem Rückweg von Santiago de Compostela.
Zur Person
André Schmidka, diplomierter Vertriebsingenieur aus Köln, widmet sich seit drei Jahren dem Rückwärtspilgern.
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