Freitag, 13. Oktober: Vier Tage lang widmet man sich an diesem verlängerten Wochenende mal wieder der ansonsten wenig beachteten Kunst des Film- und Tonschnitts. Im Rahmen der 23. Ausgabe von Edimotion (früher Filmplus) werden die nominierten Spiel- und Dokumentarfilme sowie die Nominierten für den The Edit Space Förderpreis Schnitt mit anschließenden Filmgesprächen auf der Leinwand zu sehen sein. Tradition haben bei Edimotion mittlerweile auch die vielschichtigen Themenschwerpunkte der internationalen Panels, bei denen man sich in diesem Jahr u.a. dem Gastland Türkei widmet oder unter dem Titel „AI in its toddler phase“ einen Blick auf die Veränderungen wirft, die künstliche Intelligenz auch für den Bereich des Filmschnitts mit sich bringt. Themenschwerpunkt 2023 ist „Teilhabe“, ein laut der künstlerischen Leiterin des Festivals, Kyra Scheurer, bei Edimotion seit jeher wichtiger Aspekt. „Nun wollen wir ‚Teilhabe‘ auch mal auf die Bühne holen und in den Diskussionsrunden über Audiodeskription und Montage sprechen, über die Vermeidung kolonialer Muster beim Montieren und der Frage nachgehen, ob es so etwas wie einen queeren Schnitt gibt“, so Scheurer bei der Begrüßungsansprache am Eröffnungsabend im Filmforum. Dieser ist bei Edimotion schon seit Jahren dem/der Ehrenpreisträger:in Schnitt gewidmet, in diesem Jahr Gisela Zick, die insbesondere durch ihre Zusammenarbeit mit Filmemacher Andreas Kleinert („Lieber Thomas“) begeistern konnte.
Tod und Wiedergeburt
Bei ihrer Eröffnungsrede erklärte Schauspielerin und Autorin Ruth Schiffer, der Eröffnungsabend mit der Ehrenpreisträger:in sei für sie ein „Lieblingsabend im Kalender der Filmfestivals“, weil dann eine „Wunderkammer des Films“ aufgemacht würde. Denn die Arbeitsbeziehungen zwischen Schnitt und Regie würden ansonsten eher im Verborgenen bleiben, und an diesem Abend könne man „ältere Filme mit geschärftem Blick für die Montage aus zeitlichem Abstand noch einmal anschauen“, ergänzte Schiffer. In diesem Jahr war dies „Milchwald“ aus dem Jahr 2003, dessen Regisseur Christoph Hochhäusler („Bis ans Ende der Nacht“) damals noch am Beginn seiner Karriere stand. In seiner Laudatio auf seine damalige Editorin Gisela Zick betonte Hochhäusler in Köln, dass er ihr „keinen Kranz flechten“ wolle, denn „Lorbeeren und Weihrauch passen nicht zu ihr“. Als Debütregisseur habe er damals lernen müssen, dass Montage eine „blutige Angelegenheit“ sei, bei der vor allem der Regisseur an seinem „eigenen Unvermögen leiden“ müsse. „Die Montage ist der Tod und hoffentlich auch die Wiedergeburt eines Films“, brachte es der Regisseur weiter auf den Punkt. Gisela Zick, so Hochhäusler, ginge es in ihrer Arbeit stets darum, die Wahrheit des Materials jenseits der Absichten zu ergründen. Zick selbst betonte, dass es das größte Geschenk ihres Lebens sei, dass sie diesen Beruf ausüben dürfe. „Mein Beruf ist so großartig und er ist für mich so lebensbestimmend, dass mir nichts Besseres hätte passieren können.“
Für jede Geschichte ein anderer Weg
Im Anschluss an die Projektion von „Milchwald“ bat der Edimotion-Kurator der Sektion Ehrenpreis und Hommage, Sven Ilgner, Gisela Zick noch zum Filmgespräch auf die Bühne. Sie erzählte, dass sie in Christoph Hochhäuslers Debütfilm „ganz andere Aufgaben als sonst“ gehabt habe, da es wenig zu schneiden gab und die Personen stets sehr abgegrenzt inszeniert wurden. „Das ist so konzipiert, sehr konsequent und stimmt auch, das Ergebnis kann man mögen oder nicht“, scherzte die Editorin auf charmante Weise. Hochhäusler ergänzte aus dem Zuschauerraum, dass „Milchwald“ ein sehr statischer Film sei und „einige der damals Beteiligten waren hinterher enttäuscht, weil sie sich etwas ganz Anderes darunter vorgestellt hatten.“ In ihren über 40 Jahren am Schnittpult hat Gisela Zick eines gelernt: „Jede Geschichte ist anders und verlangt einen anderen Weg, auf den man sich einlassen muss.“ Außerdem könne man natürlich nicht im Voraus planen, ob das Ergebnis bei den Menschen dann auch gefühlsmäßig ankomme. Deswegen sei Zick bei ihrer Arbeit eines besonders wichtig: „Erste Eindrücke bei der Materialsichtung, die mich besonders berühren, versuche ich mir zu merken, damit sie am Ende nicht verloren gehen.“ Bis zur Verleihung des Ehrenpreises Schnitt an die Editorin am Montagabend hat man in den nächsten Tagen noch bei zwei weiteren Filmgesprächen während des Edimotion-Festivals Gelegenheit, mit Gisela Zick über ihre Arbeit zu sprechen.
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