„Die 10 Jahre kommen uns gar nicht lang vor“, erzählt uns Erik Sohn, Professor für Chor- und Ensembleleitung für Populäre Musik an der Hochschule für Musik und Tanz, der größten Musikuniversität Europas. „Die Idee des Festivals war nicht, einen Wettbewerb zu veranstalten, sondern schöne Konzerte. Diese fanden beim Publikum solchen Anklang, dass sie immer ausverkauft sind.“ Bereits zum 10. Mal veranstaltet Sohn mit seinem Kollegen Stephan Görg, Professor für Schulpraktisches Klavierspiel und Improvisation, das Festival voc.cologne, bei dem Studierende der Hochschule ihr gesangliches und musikalisches Können erweitern und präsentieren.
Dies geschieht zum einen in Workshops zu Themen wie Musikalische Feinarbeit, Ensembleklang, Intonation, Performance, Bühnenpräsenz, choreografische Elemente etc., zum anderen mit öffentlichen Konzerten. „Wir wählen die Teilnehmer anhand ihrer Bewerbungen mit Tonaufnahmen aus. Dieses Jahr haben sich 13 bis 14 Gruppen beworben, wovon wir vier ausgewählt haben. Dabei achten wir auf Vielfalt und dass sie inhaltlich zusammenpassen“, erläutert Sohn. Immer mit dabei ist der 45-köpfige Hochschul-Chor Vocal Journey, der Pop, Jazz und Gospel singt. Dazu werden Gastchöre wie Rajaton, Wise Guys, The Real Group, Maybebop, King‘s Singers, Swingle Singers oder On Air eingeladen. Ein heiß geliebter Gast ist die fünfköpfige Gruppe Soundescape, die 2015 einen 1. Preis beim Bundeswettbewerb „German A-Cappella“ gewonnen hat. „Wir sind aus Vocal Journey hervorgegangen, hatten erst eine Vorgängergruppe, bevor wir zu fünft Soundescape gegründet haben“, erzählt Sopranistin Julia Reckendrees, die inzwischen hauptberuflich als Sängerin tätig ist. „Ich singe von Klassischer Musik über Oratorien bis zu Pop und Jazz alles“, schmunzelt das Energiebündel.
Wie begehrt die Konzerte sind, zeigt sich daran, dass Besucher im Foyer der Hochschule gefragt werden, ob sie ihre Karten verkaufen wollen. Der Konzertsaal selbst ist rappelvoll. Und das Publikum wird nicht enttäuscht. Das vielfältige Programm bietet eine breite Palette von Eigenkompositionen bis hin zu bekannten Songs wie „Frozen“ von Madonna, „Bridge Over Troubled Water“ von Simon and Garfunkel oder „Sweet Dreams“ von Eurythmics. Selbst das altbekannte Volkslied „Wenn ich ein Vöglein wär“ wird in einem neuen, mitreißenden Arrangement präsentiert. Die in Schwarz, Weiß und Silber gekleideten Mitglieder von Vocal Journey unter der wechselnden Leitung von Erik Sohn und Stephan Görg singen alle Höhen und Tiefen mal laut, mal leise, bringen die Zuhörer zum Mitschwingen und Mitsingen. Soundescape in Weiß-Rot-Schwarz heizt – mal allein, mal mit Vocal Journey zusammen – dem Publikum ebenfalls ein. Ein Übriges tut die perfekte Lightshow, die die Songs eindrucksvoll unterstreicht.
Diverse Solisten bieten reife Leistungen: Julia Keidl überzeugt singend und klavierspielend mit ihrem selbst komponierten Song „Keep on Sailing“. Benjamin Steil zeigt mehrfach sein Können am Saxophon und wird mit Applaus bedacht. Anna Sodermanns (Gesang) und Johannes Ziemer (Gitarre) verzaubern mit brasilianischen Klängen. „Ich war lange in Südamerika und habe die Musik dort lieben gelernt“, erzählt die Sängerin Moderator Nicolas Tribes (WDR3). Ein besonderer Publikumsliebling ist Rabih Lahoud, der als 19-Jähriger aus dem Libanon nach Deutschland kam, um Musik zu studieren und heute Dozent für Populären Gesang an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf ist. Sein emotionaler, feinfühliger Gesang, sei es mit dem arabischen Stück „Freedom Dance“ oder dem gemeinsamen Schlusssong „The Show Must Go On“, berührt. Zuvor hatte noch die Gruppe Lautleben mit Franziska Heidemann, Sophia Thull, Stephan Heinen und Martin Kirchhübel mit „Freedom“ eine Hommage an den jüngst verstorbenen Georg Michael zum Besten gegeben.
„Ich bin sehr zufrieden“, strahlt eine noch ganz aufgeregte Julia Reckendrees nach dem Konzert. Dass das Publikum das ebenfalls ist, zeigt der lange Applaus. Erik Sohn gibt noch einen Appetitanreger mit auf den Weg: „Nächstes Jahr treten die New York Voices bei voc.cologne auf.“ Nochmals Applaus.
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