Mut zum Risiko war schon immer ein wesentlicher Teil des Erfolgsrezeptes unternehmerischer Startups. Mut zum Risiko gilt aber auch für Startups, die sich einem kulturellen Bildungsziel verschrieben haben. Ein solches Kultur-Startup wurde jetzt in Deutz eröffnet: die TanzFaktur. Künstlerisch geleitet wird sie vom Choreografen Slava Gepner, gemanagt von Raphael Spiegel. Unterstützung für ihr ambitioniertes Vorhaben erhält die TanzFaktur von der kulturaffinen Unternehmerfamilie Campinge und durch eine „Anschubfinanzierung“ vom Landschaftsverband Rheinland (LVR). Welchen Beitrag die Stadt Köln zum Start und zur Folgefinanzierung leistet, bleibt derweil offen.
Jedenfalls, so Bürgermeisterin Scho-Antwerpes in ihrer Rede, liege ihr der Tanz „sehr am Herzen“ und schwärmte gar von nationalen und internationalen Gastspielen in der TanzFaktur. Dazu werden die Stadt und der LVR jedoch mehr als nur den Anschub finanzieren müssen. Auf derzeit rund 1000 qm sind in der ehemaligen Campinge-Manufaktur Proberäume, Studios für Residenzen und ein Theatersaal untergebracht. Ein breit gefächertes Programm, das sich an Laien und Profis gleichermaßen richtet, könnte zur erfolgreichen Mischung werden. So bewundernswert dieser Mut zum Risiko im gegebenen Umfeld des Kölner Tanzes ist, so problematisch ist er auch. Anschubfinanzierung hört sich gut an, deckt aber nur ein Drittel der Kosten. Für den größeren Teil hat sich Slava Gepner schon jetzt persönlich verschuldet. Kultur- oder Tanzhäuser (wie auch immer sie strukturiert sind) kommen nicht ohne öffentliche Zuschüsse aus.
Das zeigt sich auch am Tanzhaus NRW in Düsseldorf. Etwa hälftig werden die Kosten durch Kurse selbst erwirtschaftet, den Rest tragen Stadt und Land. Dass entspringt dem kulturellen Bildungsauftrag unseres Staates, bringt die öffentliche Hand aber bei mehr als nur der TanzFaktur in Zugzwang. Mit der TanzFaktur als weiterer Produktions- und Spielstätte wird das gesamte Kölner Förderprogramm Tanz neu aufgestellt werden müssen. Fraglich erscheint, ob die Residenzen des Cologne Dance Center so hoch bezuschusst werden müssen, während andere Einrichtungen immer knapp vor dem Aus stehen. Schließlich bietet barnes crossing in der Wachsfabrik Sürth zusätzlich zu Residenzen das umfangreichste Bühnenprogramm der freien Tanzszene. Gleiches gilt für das Studio 11 von Silke Z./resistdance und für das MichaelDouglas Kollektiv im Quartier am Hafen, die kleinere Formate bieten. Hier sind, so Gepner, bereits Kooperationsmöglichkeiten angedacht. Mut zum Risiko beweisen Gepner und sein Team auch auf künstlerischer Ebene. Statt zum Eröffnungsabend mit ästhetisch gefälligen Stücken aufzuwarten, zeigten die beiden Choreografinnen Fang-Yu Shen und Maayan Danoch in „Peregrinus“ konzeptuellen Tanz, der mit seiner Bewegungsreduktion für ungeübte Zuschauer zur echten Herausforderung wurde. Es scheint, als bringe die TanzFaktur ganz neue Impulse in die Kölner Tanzszene.
TanzFaktur | Siegburgerstr. 233w | www.tanzfaktur.eu
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