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Nick Cave
Foto: Gosha Rubchinskiy

Man in Black 2

03. März 2021

Buch zu Nick-Cave-Ausstellung in Kopenhagen – Unterhaltungsmusik 03/21

Man sollte wissen, dass „Stranger than Kindness“ eigentlich ein Ausstellungskatalog ist. Ohne diesen Hintergrund, wirken einige Abbildungen wie das Foto einer alten Reiseschreibmaschine, eine Kylie-Minogue-Handtasche oder andere Memorabilia etwas merkwürdig in diesem Band über Nick Cave, der eben kein Coffetable Book ist. Oder doch?

Wegen der Pandemie eröffnete im letzten Jahr in Kopenhagen eine Ausstellung über den Musiker unter relativem Ausschluss der Öffentlichkeit. Daran schließt das nun erschienene Buch an und ermöglicht auch jenseits des Museumsbesuchs einen Einblick in das Werk des Sängers und Komponisten, der seit über 40 Jahren den Musik-Underground bereichert hat. Der 1957 geborene Australier hat in den späten 70er- und frühen 80er- Jahren im Fahrwasser von Punk mit den Bands Boys Next Door und vor allem The Birthday Party den Grundstein für seine darauf folgende Karriere mit seiner Band Nick Cave and The Bad Seeds gelegt. Als Musiker, aber auch als Lyriker, war er in all der Zeit geprägt von einem Hang zum Biblischen, zum Abgründigen und natürlich zu den biblischen Abgründen, die man im Alten Testament findet. Das sieht man auch in dem Buch „Stranger than Kindness“ (betitelt nach einem Song seines dritten Bad Seeds-Albums „Your Funeral … My Trial“ aus dem Jahr 1986), das viele seiner selbstgestalteten Skizzenbücher zeigt mit Songtexten, aber auch Zeichnungen und religiösen Bildern.

Vergleiche mit Elvis und Johnny Cash

Daneben gibt es persönliche Fotos aus seiner Kindheit und Jugend und von dem Musiker, wie wir ihn kennen. Der Kern zum Verständnis dieser Ansammlung ist zum einen der Anhang „Contextualisation“, der die Exponate einordnet und mitunter durch eine Anekdote erklärt. Zum anderen gibt es einen langen Text der Schriftstellerin Darcey Steinke, die vor allem die Lyrik, aber auch die gesamte Themenwelt zwischen Leid und Schuld, Religion und Philosophie von Nick Cave, die sich bei ihm auf der Bühne auch visuell im schwarzen Anzug und in Gesten und Posen zeigt, einordnet. Dabei zieht Steinke literarische Verbindungen zu William Faulkner und anderen Autoren, was nicht nur naheliegend ist, weil Cave als Sänger dichtet, sondern er mit „Und die Eselin sah den Engel“ und „Der Tod des Bunny Munro“ auch zwei Romane geschrieben hat. Aber auch Vergleiche mit Elvis und natürlich Johnny Cash werden gezogen, dem anderen „Man in Black“, das große Vorbild von Nick Cave, der sich im Jahr 2000 wiederum mit einer Coverversion von Caves „The Mercy Seat“ vor seinem Fan verbeugt hat.

Steinke arbeitet auch Caves inhaltlichen und stilistischen Wandel heraus, von einem wütenden Priester zu einem gnädigen, vom Neuen Testament beeinflussten Prediger, der der Agnostiker Cave natürlich nur im übertragenen beziehungsweise säkularen Sinn ist. Der Text von Darcey Steinke und die „Contextualisation“ ist in deutscher Übersetzung in einem kleinen schmucklosen Booklet beigefügt. Die Faksimile von Caves Notizbüchern und die Fotos der Memorabilia machen „Stranger than Kindness“ dann doch zu einem Coffetable Book, das vage Einblicke in die Arbeit eines Künstlers bietet. Mehr textliche Auseinandersetzung – auch kritische – hätte dem Buch nicht geschadet. So ist es vor allem ein Buch für Fans.

Neues Album

Fast zeitgleich mit dem Buch erscheint auch ein neues Album – auf dem Nick Cave erstmals als Duo mit seinem musikalischen Langzeit-Partner Warren Ellis firmiert. „Carnage“ ist musikalische oft nah an dem lichten, von Gospel-Chören und getragenen Synthesizern geprägten Bad Seeds-Vorgänger „Ghosteen“, wirkt insgesamt aber weniger einheitlich und eher skizzenhaft. 

Nick Cave: Stranger than Kindness | Kiepenheuer & Witsch | 276 S. mit zahlreichen Abbildungen

Nick Cave & Warren Ellis: Carnage | Goliath Records | digitaler Release Ende Februar, CD und LP am 28. Mai

Christian Meyer-Pröpstl

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