Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
3 4 5 6 7 8 9
10 11 12 13 14 15 16

12.588 Beiträge zu
3.815 Filmen im Forum

Davide Longo / Carsten Sebastian Henn
Fotos: Paolo Giagheddu / Sebastian Knoth

Nah am Rezept

26. März 2020

Kriminalromane können auch ganz ungewöhnlich sein – Wortwahl 04/20

Das Rezept für gute Krimis ist einfach. Sie sollten eine Geschichte erzählen, die so spannend ist, dass sie bis zum Ende fesselt. Es sollten interessante Figuren auftreten, die nicht einfach nur gut oder böse sind, sondern im Angesicht des Verbrechens schillern. Ebenso wichtig ist, dass es am Ende eine Auflösung gibt, die plausibel erscheint. Auf Leichen oder das, was von ihnen übrig bleibt, kann man hingegen durchaus verzichten. Den Gegenbeweis treten zwei Autoren mit ihren aktuellen Werken an, die zum Beginn dieses Jahres erschienen sind. Ausgehend vom Fund menschlicher Überreste schildern sie auf jeweils ungewöhnliche, aber durchaus lesenswerte Weise spannende Kriminalfälle.

Davide Longo zählt ohne Frage zu den interessantesten italienischen Autoren der Gegenwart. In seinem neuen Roman „Die jungen Bestien“ (Rowohlt) zeigt er dies erneut. Er wirft den Blick auf einen fiktiven Kriminalfall, der sich vor 40 Jahren in Italien zugetragen hat, als die roten Brigaden, ähnlich wie die RAF in Deutschland, mit Anschlägen für Aufsehen sorgt. Der Autor macht aus Politik und Verbrechen nicht nur einen explosiven Mix und lässt dabei drei Kommissare ermitteln, die mit ihren Eigenarten definitiv in Erinnerung bleiben. Er beweist mit seinem neuen Werk, dass Kriminalromane dank seines Hangs zum impressionistischen Schildern auch durchaus literarische Qualitäten haben können.

Carsten Sebastian Henn hat sich mittlerweile nicht nur als Journalist, sondern auch als Autor von Kriminalromanen einen Namen gemacht. Sein jüngstes und zudem äußerst unterhaltsames Werk heißt „Der Gin des Lebens“ (Dumont). Ben, der auf der Suche nach dem Rezept für den Gin, den sein Vater einst selbst produzierte, in einem malerischen Ort im Süden Englands gelandet ist, trifft dort auf Cathy, die ebenfalls nach dem perfekten Gin sucht. Die Erzählung changiert zwischen abenteuerlicher Schnitzeljagd und teils übertriebenen Beziehungsgeschichten. Der eigentliche Kriminalfall wird zur Nebensache und das Besondere dieses Buchs rückt in den Fokus: Zum einen nimmt sich der Autor die Zeit, in eigens angelegten Kapiteln über die Gin-Produktion an sich zu sprechen. Zum anderen fügt er dem Roman ein Rezeptbuch ausgewählter Cocktails mit Gin an. Beides lädt zum erneuten Nachschlagen ein.

Michael Preidel

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Maria

Lesen Sie dazu auch:

Archiv des Verschwundenen
Piuk und Schneider lesen in Köln

Wem gehört Anne Frank?
„Immer wenn ich dieses Lied höre“ von Lola Lafon – Literatur 02/25

Schrecklich komisch
Tove Ditlevsens Roman „Vilhelms Zimmer“ – Textwelten 02/25

Um die Wette dichten
Best of Poetry Slam am Comedia Theater

Unsichtbare Krankheiten
„Gibt es Pflaster für die Seele?“ von Dagmar Geisler – Vorlesung 01/25

Mit KI aus der Zwangslage
„Täuschend echt“ von Charles Lewinsky – Literatur 01/25

Doppelte Enthüllung
„Sputnik“ von Nikita Afanasjew – Literatur 12/24

Eine wahre Liebesgeschichte
Thomas Strässles „Fluchtnovelle“ – Textwelten 12/24

Übergänge leicht gemacht
„Tschüss und Kuss“ von Barbara Weber-Eisenmann – Vorlesung 11/24

Die zärtlichen Geister
„Wir Gespenster“ von Michael Kumpfmüller – Textwelten 11/24

Zurück zum Ursprung
„Indigene Menschen aus Nordamerika erzählen“ von Eldon Yellowhorn und Kathy Lowinger – Vorlesung 10/24

Eine Puppe auf Weltreise
„Post von Püppi – Eine Begegnung mit Franz Kafka“ von Bernadette Watts – Vorlesung 10/24

Literatur.

HINWEIS