choices: Herr von Wrochem, wie geht es Ihnen im Kölner Karneval?
Klaus von Wrochem: Wenn es losgeht, hier vor meiner Haustür in der Südstadt, bekomme ich zunächst eine heftige Aversion. Nicht schon wieder diese Sauforgie, denk ich mir. Aber dann gehe ich in die Schule, sehe die Kinder, wie die feiern, und dann bin ich verloren.
Rebellion und Karneval, gibt es da einen Zusammenhang?
Och nö, am Aschermittwoch ist sowieso alles vorbei. Dann herrschen wieder die altbekannten Verhältnisse.
Ihr Kollege Jürgen Becker sieht das auch so?
Nee, der würde sagen, dass es ja reicht, wenn man ein bisschen Revolution macht. Wäre doch besser als gar nichts. Hat er vielleicht gar nicht so unrecht. Aber ich als radikaler Preuße finde das Quatsch. So geht keine Veränderung vonstatten.
Karneval ist also systemerhaltend?
Ganz bestimmt. Die Kirche als Machthaber muss ja denen, derer sie sich bemächtigt hat, für ein paar Tage zugestehen, aus ihrer Obhut zu entfliehen, damit die nicht absolut die Lust verlieren zu dienen. Das Leckerchen sind die paar Tage Karneval.
Als Achtundsechziger war man doch für die freie Liebe. Die wird doch im Karneval praktiziert.
Angeblich. So wild ist das aber auch nicht. Und außerdem sind dann alle betrunken.
Gegen Kostümierung haben Sie auch etwas?
Vielleicht bin ich dafür zu evangelisch. Wenn man sich allein anschaut, was in der Katholischen Kirche für Verkleidungen aufgefahren werden. Bei den Evangelen steht einer vorne und hat ein schwarzes Hemd an. Guck dir dagegen an, was es bei den Katholiken in der Messe für Klamotten gibt: Bimmelchen und Bömmelchen.
Sie sind beruflich oft auf der Straße. Gibt es für Leute, die auf der Straße leben, Karneval?
Die Penner? Die sagen an Karneval: „Was sind die Leute blöd.“ Plötzlich soll Arm und Reich gleich sein. Plötzlich soll es weder Arm noch Reich geben.
Also ist Karneval nur doof?
Nein, ich fahre total auf das Tanzen in den Szenekneipen ab. Da wird nicht viel gesoffen, da wird getanzt. Das ist eine sehr körperlich-erotische Angelegenheit. Da stehe ich drauf. Am liebsten bin ich ja Anarchist.
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