„Meine Angst: die Wiederholung – !“ – so lässt Max Frisch seinen hadernden Titelhelden im Roman „Stiller“ eine ganze Identitätskrise auf den Punkt bringen. Würde jenes literarische Ich diesen Sommer ins Kino gehen, würde es wohl einen ähnlichen Anblick bieten wie Edvard Munchs „Der Schrei“. Denn was sich da so auffällig anhäuft, das sind nicht die üblichen wiedergekäuten Themen. Natürlich, auch sie sind neben den raren originären Stoffen in den Startlisten zu finden – die verkaufsfertigen Sequels („Planet der Affen: Survival“), Remakes („Jugend ohne Gott“), Literaturadaptionen („Ein Sack voll Murmeln“) und Comicverfilmungen („Atomic Blonde“). Nein, diesmal haben wir es mit echten kinematografischen Wiedergängern zu tun, die – vorsichtig aus Archivgräbern exhumiert – zurückkehren in die Kinosäle.
„Hello darkness, my old friend“, möchte man da mit Simon & Garfunkel raunen, wenn ab 3. August „Die Reifeprüfung“ zur Wiederaufführung kommt. Mike Nichols’ melancholisches Meisterwerk mit dem großartigen Dustin Hoffman als „The Graduate“ und der hinreißenden Anne Bancroft alias „Mrs. Robinson“ ist jedoch nur ein Klassiker, der zum runden Jahrestag seiner Premiere frisch überarbeitet die Leinwand zum Leuchten bringt. Ebenfalls 50 Jahre alt und technisch wie finanziell aufwendig in 4K restauriert, ist auch Luis Bunuels abgründiges Gesellschafts- und Sex-Drama „Belle de jour – Schöne des Tages“ wieder im Einsatz. 4K, das bedeutet eine doppelt so hohe Auflösung wie die im digitalisierten Kino heute übliche 2K-Abtastung, viermal so viele Pixel wie bei einer Blu-ray. Was in nicht allzu ferner Zukunft der technische Standard werden soll, verspricht ein schärferes, detailreicheres Bild, aber auch höhere Farbtiefe und Kontraste. Ach, wie satt schimmert da das Türkisblau des Swimmingpools, an dem Benjamin Braddock seine Tage verdöst. Ganz zu schweigen vom Haargold Catherine Deneuves in all den zwischen Traum und Realität mäandernden Sequenzen.
Apropos: „Dreams are my reality“ – auch diesen Evergreen des Stehblues dürfen Sie wieder schmettern und in seligen Erinnerungen an die 80er schwelgen, denn auch „La Boum“ wird nochmal ins Kino gebracht. Vom neu gegründeten Berliner Verleih „La Bäm!“, der plant, künftig weitere alte Schätzchen wieder aufzuführen, wenn auch ohne großes technisches Lifting. Immerhin digital remastered kehrt auch „Das Sams“ nach 16 Jahren zurück. Und genau zum 20. Jubiläum des Judgment Day ist am 29. August der Sci-Fi-Meilenstein „Terminator 2 – Tag der Abrechnung“ back – selbstredend mit allem Schnick und Schnack getuned, in 4K und 3D.
Jetzt kann man damit hadern, dass erneute Kinoauswertungen nur Werbemaßnahmen für den anschließenden Verkauf gepimpter DVDs seien. Oder Angst bekommen, dass das Kino in eine handfeste Identitätskrise schlittert, wenn es nichts Neues mehr zu zeigen hat. Ja, nun. Man kann sie aber auch umarmen, die Wiederholung, und sich freuen über das Strahlen des Vergangenen, das seinen Platz finden darf im Heutigen.
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