Ruhe ist verdächtig. Wenn in Krisen das Schweigen regiert, dann sitzt die Rüstung der Vernunft ganz eng. Den Eindruck musste gewinnen, wer sich über den zurückhaltendem Ton gewundert hat, mit dem das Theater Bonn seit zwei Jahren auf schwerwiegende Eingriffe in seine Struktur reagiert. Nicht nur musste man die Halle Beuel aufgeben und sich auf die Kammerspiele bzw. Werkstatt beschränken. Nach sowieso schon existenzgefährdenden Sparrunden wird sich das Haus sich ab 2018 noch weiter runterhungern müssen. 400.000 Euro plus X pro Spielzeit lauten die Vorgaben der Stadt. Aus dem Theater waren dazu vor allem Durchhalteparolen zu hören. Nun, mit angemessenem Abstand werden die Folgen sichtbar: Die Schauspieldirektorin des Bonner Theaters Nicola Bramkamp wirft 2018 hin.
„Der Verlust der Halle Beuel und die stetig fortschreitenden Kürzungen im künstlerischen Bereich“, so ihre Begründung, „ haben jedoch zur Folge, dass eine Fortführung meines künstlerischen Konzeptes in Zukunft nicht mehr möglich sein wird.“ Ein Todesstoß also. Nur auf dem Gelände in Beuel waren Formen wie das „Save the World“-Projekt möglich, bei dem Wissenschaftler und Theaterleute aufeinandertrafen; konnten Inszenierungen wie „Schöne neue Welt“ oder die „Königsdramen“ mit anderen räumlichen und dramaturgischen Lösungen experimentieren. Mit der Entscheidung, die Halle Beuel an das Pantheon zu vergeben, versucht die Kulturverwaltung der Stadt, das Haus ins bildungsbürgerliche Guckkasten-Theater der Beilharz-Ära zurück zu katapultieren. Bramkamps nachgeschobener Satz: „Immerhin haben wir es jedoch geschafft, mit dem Erhalt der Kammerspiele die Zukunft der Sparte Schauspiel für weitere fünf Jahre zu sichern“, klingt zwar nach gesicherten Verhältnissen, doch er meint auch, dass ab 2023 Schluss sein könnte mit Schauspiel in Bonn. Diese Totengräberarbeit möchte sich die Schauspielchefin verständlicherweise nicht zumuten.
Das Zeugnis, „modernes, gesellschaftsrelevantes Theater für die Stadt Bonn gemacht“ zu haben, das sich Bramkamp ausstellt, kann man unterschreiben: von den erwähnten Klimakongressen „Save the World“ über Volker Löschs Auseinandersetzungen mit schlagenden Verbindungen oder der Thematisierung des Missbrauchs am Bonner Aloisius-Kolleg. Nicht jede Produktion war gelungen, nicht mit jeder Ensemble-Leistung konnte man zufrieden sein – doch für welches Theater gilt das schon. Dass die vergangene Spielzeit eine der erfolgreichsten des Schauspiels war, auch das ist nach insgesamt erheblichen Anlaufschwierigkeiten Bramkamps Verdienst. In einer Presseerklärung hat Intendant Bernhard Helmich implizit Verständnis für den Schritt seiner Schauspieldirektorin bekundet: „Ich bedaure sehr, dass Frau Bramkamp die kommenden schwierigen Schritte weiterer Einsparungen nicht mitgehen kann und habe großen Respekt vor ihrer Entscheidung.“ Es könnte sein, dass er diesen Satz gelegentlich wiederholen muss – schließlich sind auch viele Schauspieler und Hausregisseurin Alice Buddeberg mit Bramkamp nach Bonn gekommen.
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