Woran können wir uns erinnern? Und wie werden sich andere an uns erinnern? Diese Fragen stellen den Kern des Rechercheprojekts „Treibgut des Erinnerns“ dar, das Regisseurin und Autorin Verena Regensburger derzeit in Bonn zur Aufführung bringt. Was bleibt hängen, und wie? Und was wird letztlich gelöscht und damit zur Leerstelle, die es zu überspielen gilt? Einfache Antworten gibt es dazu nicht, schließlich ist jedes Hirn einzigartig. Auch jenes, das im Grunde die Bühne darstellt, auf der drei Gestalten um einen Mann namens Martin trauern. Und in gewisser Weise auch um sich selbst. „Vielleicht wäre in meinem Geist nur ein großes schwarzes Loch, wenn mir nicht jemand von meiner Kindheit erzählt hätte“, sagt Lena Geyer irgendwann, während ihr Kollege Alois Reinhardt – die schillerndste Figur des Abends – gewisse Traumata gerne vergessen würde und Timo Kählert vergeblich nach Anekdoten aus dem eigenen Leben sucht.
Erfreulicherweise widersteht Verena Regensburger dem Drang, die Szenerie mit den Mitteln des Regietheaters aufzubauschen und die aus Aktenschränken errichtete Bühne mit unnötigem Symbolismus zu überfrachten. Stattdessen lässt sie den Schauspielern den nötigen Freiraum, um die Emotionen ihrer Figuren mit viel Feingefühl auszuarbeiten und u.a. zu zeigen, dass Vergessen mitunter notwendig ist, um den Schmerz zu besiegen. Mit jeder weiteren Leerstelle verschwimmt die Erinnerung an den, der fehlt – und erst das macht den Verlust erträglich. Diese Erkenntnis ist, gepaart mit viel Gelächter und Impulsen zum Nachdenken, eine der Botschaften eines durchaus sehenswerten Stücks.
Treibgut des Erinnerns | Fr 5.7. 20 Uhr | Werkstattbühne, Theater Bonn (Opernhaus) | 0228 77 80 08
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