Der Lappen muss hoch gehen! Was auch immer hinter den sogenannten Kulissen passieren mag, ob der Dackel der Primadonna einen Herzinfarkt hatte, die Deko abgefackelt wurde oder allen Technikern der linke Arm fehlt, gespielt wird immer im Theater. The Show must go on! Auch ohne Intendant. Die Stadt Hagen macht gerade die Probe aufs Exempel. War wäre, wenn das Theater keinen Intendanten hätte…
Bis vor kurzem galt: Irgendjemand findet sich schon, wenn eine Stadt ihrem Theater die Mittel kürzt. Der Opportunismus der Künstler schien grenzenlos. Junge unerfahrene Möchtegernprinzipale bekamen plötzlich ihren ersten eigenen Kunstsandkasten offeriert. Toughe Manager durften sich nach Sanierungs-Lust austoben. Manchmal wurden auch altgediente Haudegen aus ihrem toskanischen Ohrensessel reaktiviert. Jedes noch so marode Haus konnte als Sprungbrett dienen, um sich für den Absprung an ein größeres Haus zu profilieren. Und wer erst einmal auf dem Intendanten-Karussell Platz genommen hat, fällt nicht so schnell wieder herunter. Ein paar politische Strippen ziehen, sich im Verband nicht zum Blödmann machen, Netzwerke knüpfen – und schon ist die Karriere nur eine Frage der Zeit.
In Hagen testet die Stadtspitze, ob es nicht auch ohne geht. Sie hält trotz harschen Widerspruchs daran fest, dass das Theater ab 2018 anstatt mit einem Etat von 15 Mio. Euro nur noch mit 13,5 Mio. auskommen soll. Tariferhöhungen von einem Prozent sind ebenfalls einzusparen, zugleich darf die Struktur des Hauses nicht angetastet werden. Spartenschließung und betriebsbedingte Kündigung sind ausgeschlossen. Nachdem sich der amtierende Intendant Norbert Hilchenbach diesen ewigen Sparwahnsinn nicht weiter antun wollte, hatte die Stadt den Posten neu ausgeschrieben. Zwischen zwei Kandidaten, einem Mann aus dem Haus selbst und einer erfahrenen Regisseurin, beide ohne Leitungserfahrung, sollte die Entscheidung fallen. Doch als der Stadtrat die Etatkürzung beschlossen hatte, fällten auch beide Kandidaten eine Entscheidung: Sie zogen ihre Bewerbungen zurück.
Daran überrascht nicht nur die Konsequenz, sondern auch die Einmütigkeit. Selten wäre es einfacher gewesen, über einen unterlegenen Mitbewerber zu triumphieren und sich als einsamer Streiter auf den Passionsweg des Sparens zu begeben. Es ist unvorstellbar, dass beide Kandidaten von der politischen Entscheidung überrascht worden sind. Die finanziellen Rahmenbedingungen, die dem Haus in Zukunft zugemutet werden, müssen Gegenstand der Verhandlungen gewesen sein. Insofern lässt sich bei aller Bewunderung für den Rückzug der Bewerber nur schwer nachvollziehen, was die beiden Interessenten ausgerechnet jetzt zu ihrem Coup bewogen haben mag. Und als Coup muss man diese Aktion bezeichnen. Letztlich steckt darin ein Signal an den Zynismus einer Politik, die Theater nur nach der Höhe ihres zu schröpfenden künstlerischen Etats beurteilt und die Künstler für Opportunisten ohne Schmerzgrenze hält. Lange dürfte die Einmütigkeit der Bewerber vermutlich nicht halten, trotzdem schön, dass wir das erleben durften.
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