Ob Romane, Gedichtbände, Fabeln oder Lexika – im Leben der Familie Brontë dreht sich alles um die Literatur. Mit den Nasen zwischen zwei Buchdeckeln und einer ausgeprägten Vorstellungskraft werden Geschichten gesponnen und die kindliche Fantasie im englischen Haworth voll ausgelebt. Dabei entstehen sogar zahlreiche eigene Schriften. Die kanadische Autorin Sara O’Leary erzählt in ihrer Neuerscheinung „Die kleinen Bücher der kleinen Brontës“ (Februar 2024, von Hacht Verlag) auf rund 40 Seiten vom Alltag der jüngsten Brontë-Kinder: Charlotte, Branwell, Emily und Anne.
Als ein Kästchen gefüllt mit Spielzeugsoldaten Einzug in das Haus am Moor findet, beschließen die vier Geschwister, den Holzfiguren winzig kleine Bücher zu schreiben. Dabei erwecken sie die Soldaten in ihren Geschichten zum Leben und binden jedes Exemplar von Hand. Sara O’Leary baut in ihrem aktuellen Titel eine kurze Erzählung um die berühmte britische Schriftsteller:innenfamilie und vermittelt zugleich literaturgeschichtliches Wissen in einfacher Sprache. Die atmosphärischen Illustrationen von Briony May Smith unterstreichen dazu den Zeitsprung in die 1820er Jahre: Die gedeckte Farbpalette in warmen Erdtönen macht es den Leser:innen leicht, ins 19. Jahrhundert einzutauchen, und trägt stimmungsvoll zu einer authentischen Darstellung der Ereignisse bei. Zugleich sind die Farbzeichnungen kindgerecht und fröhlich gehalten, während der Erzählton zuversichtlich wirkt und vergangene sowie zukünftige Tragödien ausgeklammert werden. Obwohl die Auslassung dieser Geschehnisse die Zielgruppe sicher verschont, wäre es doch schön gewesen, auch von den späteren beruflichen Errungenschaften und gesellschaftspolitischen Hürden zu lesen – etwa, dass alle Frauen der Familie ihre Werke unter männlichen Pseudonymen veröffentlichten.
Im hinteren Teil des Bilderbuches finden sich eine Anmerkung der Autorin sowie ein Zeitstrahl, der 1820 mit dem Einzug der Familie Brontë ins Pfarrhaus „Parsonage“ beginnt und 1857 mit der Veröffentlichung von Charlottes Roman „Der Professor“ endet. Übersichtlich werden hier weiterführende Hintergrundinformation über das Leben und diverse Meilensteine der Brontës gegeben, womit sich hauptsächlich an das erwachsene Lesepublikum gewandt wird. Ebenso im Anhang: Eine praktische Anleitung zum Buchbasteln und ein Foto der originalen „kleinen Brontë-Bücher“, was zum eigenen Geschichtenschreiben anregt und inspiriert. O’Learys und Smiths Vorlesegeschichte richtet sich an Kinder ab 4 Jahren, wobei begeisterte Brontë-Leser:innen und Literaturinteressierte mindestens genauso stark auf ihre Kosten kommen.
Sara O’Leary: Die kleinen Bücher der kleinen Brontës | Aus dem Englischen von Diana Steinbrede | von Hacht Verlag | ab 4 Jahren | 40 S. | 18 €
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