choices: Herr Schmitt, die Petition gegen die EU-Richtlinie war in Deutschland sehr erfolgreich, wie erklären Sie sich das?
Matthias Schmitt: Die Wasserversorgung ist in ganz Deutschland ähnlich organisiert. Es gibt eine kommunale Hoheit bei den Wasserversorgungsunternehmen, was nachweislich gut funktioniert. Länder wie Spanien, England oder Frankreich, wo die Wasserversorgung schon lange privatisiert ist, kennen unsere Struktur nicht. Deshalb verstehen sie auch nicht, wieso wir uns darüber aufregen.
Mitte Februar hat Michel Barnier angekündigt, dass Mehrspartenunternehmen mit privater Beteiligung nicht mehr von der Zwangsausschreibung betroffen sein sollen. Wie schätzen Sie das ein?
Ich hoffe, dass dies eintritt, bin aber vorsichtig. Wir als Rheinenergie wären damit eigentlich aus dem Schlamassel, aber andere sprechen von bis zu 500 Unternehmen, die weiterhin betroffen sein könnten. Deshalb brauchen wir die schriftliche Variante. Es ist auch naheliegend, die Mehrspartenunternehmen auszunehmen. Wir könnten in Köln nie 80% unseres Umsatzes mit Wasser erzielen, wie im letzten Vorschlag gefordert.
Wäre denn wie in Berlin ein Rückzug von RWE, die mit 20 Prozent an der Rheinenergie beteiligt sind, eine Option?
Vor gut 10 Jahren hat man seitens der EU gefordert, dass sich der öffentliche Sektor mit Privatunternehmen zusammenschließt. Ein Resultat davon ist die Rheinenergie mit ihrem RWE-Anteil. Der Rückzug von RWE in Berlin hat eher mit langfristig zu niedrigen Profiterwartungen dort zu tun, was bei der Rheinenergie nicht so ist. Im Gegenteil, man hat bei der Beteiligung u.a. die Chance gesehen, dass das Wasser für die Kunden nicht teurer wird, was auch eingetreten ist.
Wie hoch ist denn der Preis im Vergleich?
Der Wasserpreis in Köln beträgt 1,84 € pro Kubikmeter. Pro Tag gibt ein Kölner 28 Cent für Wasser aus. Laut Bundeskartellamt liegen wir damit im unteren Drittel der größten deutschen Städte. Aber Wasser ist ein Naturprodukt mit regional unterschiedlichen Kosten. Der Betrieb eines Rohrnetzsystems in einer Stadt wie Köln ist ein grundsätzlich anderer als der in einer bergigen, landwirtschaftlich geprägten Gegend. In der kompletten Preisvariation in Deutschland von 48 Cent bis fast vier Euro pro m³ liegen wir natürlich nicht mehr im unteren Drittel. Aber da muss man sich fragen, ob die günstigen Unternehmen die gesetzlich geforderte Kostendeckung der Wasserpreise auch umsetzen.
Wie wäre denn der Gewässerschutz von der EU-Richtlinie betroffen?
Gewässerschutz ist nachhaltig und hilft sogar, Kosten zu reduzieren. Je besser das Rohwasser, desto weniger müssen wir aufbereiten. Das Problem ist, dass sich die EU-Kommission Laufzeiten von 10 bis 15 Jahren für die Konzessionen vorstellt. In dieser Zeit müssen Sie eine Rendite von 5 bis 6% erwirtschaften, sonst können Sie das Geld auch bei der Bank anlegen. Bei der Vorbeugung und langfristigen Investition werden Sie da nur noch das Minimalprogramm fahren können.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Der Untergang
„Liquid“ von Wehr51 – Theater am Rhein 07/24
Hahn auf – Wasser marsch!
Wasser, Markt und Grundversorgung – THEMA 04/13 UNSER WASSER
„Es gibt ein Grummeln an der Basis“
Heide Rühle (MEP Grüne) sieht die Wasserprivatisierung weiter auf der Agenda – Thema 04/13 Unser Wasser
Veolia zum Beispiel
Der Wasser-/Umweltmarkt ist überall – Thema 04/13 Unser Wasser
Wasser ist (k)ein Menschenrecht!
Die Gegen-PR der Privatisierungsgegner – Thema 04/13 Unser Wasser
„Früher war Einkaufen ein sozialer Anlass“
Teil 1: Interview – Wirtschaftspsychologe Christian Fichter über Konsum und Nostalgie
„Nostalgie verschafft uns eine Atempause“
Teil 2: Interview – Medienpsychologe Tim Wulf über Nostalgie und Politik
„Erinnerung ist anfällig für Verzerrungen“
Teil 3: Interview – Psychologe Lars Schwabe über unseren Blick auf Vergangenheit und Gegenwart
„Viele Spiele haben noch einen sehr infantilen Touch“
Teil 1: Interview – Medienpädagoge Martin Geisler über Wandel in der Videospiel-Kultur
„Genießen der Ungewissheit“
Teil 2: Interview – Sportpädagoge Christian Gaum über das emotionale Erleben von Sportevents
„Ich muss keine Konsequenzen fürchten“
Teil 3: Interview – Spieleautor und Kulturpädagoge Marco Teubner über den Wert des Spielens
„Die Bürger vor globalen Bedrohungen schützen“
Teil 1: Interview – Politikwissenschaftler Oliver Treib über Aufgaben und Zukunft der Europäischen Union
„Mosaik der Perspektiven“
Teil 2: Interview – Miriam Bruns, Leiterin des Goethe-Instituts Budapest, über europäische Kultur
„Der Verkauf des Kaffees nach Europa ist gestoppt“
Teil 3: Interview – Sebastian Brandis, Sprecher der Stiftung Menschen für Menschen, über das EU-Lieferkettengesetz
„Tiefseebergbau ohne Regularien wäre ganz schlimm“
Teil 1: Interview – Meeresforscher Pedro Martinez Arbizu über ökologische Risiken des Tiefseebergbaus
„Wir müssen mit Fakten arbeiten“
Teil 2: Interview – Meeresbiologin Julia Schnetzer über Klimawandel und Wissensvermittlung
„Entweder flüchten oder sich anpassen“
Teil 3: Interview – Klimaphysiker Thomas Frölicher über ozeanisches Leben im Klimawandel
„Es liegt nicht am Gesetz, Kriminalität zu verhindern“
Teil 1: Interview – Kriminologe Dirk Baier über Gewaltkriminalität und Statistik
„Prüfen, ob das dem Menschen guttut“
Teil 2: Interview – Publizist Tanjev Schultz über ethische Aspekte der Berichterstattung über Kriminalfälle
„Eltern haben das Gefühl, sie müssten Buddhas werden“
Teil 3: Interview – Familienberaterin Nina Trepp über das Vermeiden von psychischer Gewalt in der Erziehung
„Ernährungsweisen verändern, ohne Zwang“
Teil 1: Interview – Tierethikerin Friederike Schmitz über vegane Ernährung
„Naturschutz wirkt“
Teil 2: Interview – Biologin Katrin Böhning-Gaese über Biodiversität, Wildtiere und Naturschutz
„Sie verstehen uns“
Teil 3: Interview – Tierhistorikerin Mieke Roscher über die Beziehung zwischen Menschen und Tieren
„Was nicht erlaubt ist: Druck ausüben“
Teil 1: Interview – Autor Sebastian Schoepp über Freundschaften
„Bin ich eifersüchtig oder eher neidisch?“
Teil 2: Interview – Paarberaterin Sonja Jüngling über sexuelle Kontakte außerhalb einer Paarbeziehung