Das Filmforum im Museum Ludwig hieß einst Cinemathek und war ein Ort, der die Geschichte des Films mit Themenreihen und Retrospektiven lebendig hielt. Finanzielle Misswirtschaft der damals Verantwortlichen und eine Fokussierung auf ein schlichtes Nachspielen jüngster Arthausfilme führten 2001 zum Ende des regulären Spielbetriebs. Als fünf Jahre später eine Wiederinbetriebnahme mit neuem Konzept gelang, hatte man allerdings ein ganz anderes Problem. Statt eines Betreibers sind nun seit über zehn Jahren ganz unterschiedliche Institutionen wie die Köln Musik, der WDR, die internationale filmschule köln, das Museum Ludwig mit der Stadt Köln, die Film- und Medienstiftung NRW und nicht zuletzt die vielteilige freie Filmszene Köln unter dem Banner KINOaktiv tätig. Das äußert sich zwar in einem sehr umfangreichen und sehr vielschichtigen Programm, das Konzept birgt aber auch die Gefahr, dass sich das Haus und sein Programm nicht ganz leicht vermitteln lassen.
Um dem entgegenzuwirken, gibt es seit einigen Jahren als Klammer eine von allen Beteiligten gemeinsam kuratierte Themenreihe. Die ist meist so ambitioniert in ihrem Zusammendenken eines Themas quer durch die Filmgeschichte und Genres, dass ein Übersehen der Reihe ein sträfliches Vergehen wäre. Das gilt auch für die aktuelle Ausgabe der „Filmgeschichten“ – so der Titel der Reihe. In 2019 dreht sich alles um die „Mythen der Wildnis“. Den Anfang der Erkundung der „Wildnis als westliche Projektionsfläche für das Fremde, als Sehnsuchts- und Schreckensfantasie“, so der Programmtext, macht der Überklassiker „Goldrausch“ von Charlie Chaplin aus dem Jahr 1925 (28.3.). Es folgt die nicht minder berühmte Flussfahrt von Bogart und Hepburn in Ostafrika in John Hustons „African Queen“ (25.4.). Weniger bekannt ist Hiroshi Teshigaharas surrealer, existentialistischer Film „Die Frau in den Dünen“, eine konzentrierte Parabel der japanischen Neuen Welle (9.5.). Mit „Walkabout“ widmete sich Nicolas Roeg 1971 einem Geschwisterpaar in der australischen Wüste, das von einem Aborigine gerettet wird (23.5.). In „Jeremiah Johnson“ schickte Sydney Pollack Robert Redford als einsamen Trapper durch den wilden Westen (27.6.). Das moderne weibliche Gegenstück ist Sandrine Bonnaire als Outlaw Mona in Südfrankreich, deren Schicksal Agnes Varda 1985 vielperspektivisch in „Vogelfrei“ erzählt (11.7.). Nah am Wahnsinn ist „Fitzcarraldo“, der im brasilianischen Urwald einen Dampfer über einen Berg hievt. Werner Herzogs und Klaus Kinskis Machtkämpfe während der Dreharbeiten für diesen Film im Jahr 1982 sind legendär (22.8.). Am 4.9. ist Ulrike Ottingers fast dreistündiger Kulturclash „Johanna D‘Arc of Mongolia“ zu sehen. Der Konzeptualist James Benning hat 2002 mit „Sogobi“ die Extreme der kalifornischen Wildnis in 35 Einstellungen dokumentiert (24.10.), während sich Ciro Guerra fast meditativ in „Der Schamane und die Schlange“ dem Schicksal eine Forschers am Amazonas widmet (28.11.). Den Abschluss bildet Ulrich Köhlers ironische Männerfantasie „In My Room“, ein postapokalyptisches Drama aus dem vergangenen Jahr.
Alle Filme laufen jeweils um 19 Uhr, vorneweg gibt es eine kurze Einführung. Begleitend gibt es das Schulkinoprogramm „Schule des Sehens“. Neu in diesem Jahr ist das Zusatzprogramm „Filmgeschichten für Kinder“.
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