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11'09"01 - September 11
Großbritannien/Frankreich 2002, Laufzeit: 135 Min.
Regie: Samira Makhmalbaf, Claude Lelouch, Youssef Chahine, Danis Tanovic, Idrissa Ouedraogo, Ken Loach, Alejandro González Inárritu, Amos Gitai, Mira Nair, Sean Penn, Shohei Imamura
Darsteller: Maryam Karimi, Emmanuelle Laborit, Jérôme Horry, Nour Elshérif, Ahmed Seif Eldine, Dzana Pinjo, Aleksandar Seksan, Tatjana Sojic, Lionel Zizréel Guire, René André Bassinga, Lionel Gaël Folikoue, Rodrigue André Idani, Alex Martial Traore, Vladimir Vega, Keren Mor, Liron Levo, Tomer Russo, Tanvi Azmi, Kapil Bawa

Kaum ein anderes Ereignis wurde jemals stärker medialisiert und gleichzeitig medial perfekter in Szene gesetzt als der New Yorker 11. September. In dieser Kollision von Ereignis, Inszenierung und Wiederholung wurden Wahrnehmungen und Bewusstseinsformen gestanzt wie Weichmetall. Macht zeigte sich als solche, die in der Lage ist, die gleichen Bilder bis zur Unendlichkeit zu repetieren. Welche intelligente Antwort kann die Welt des Cinema darauf geben, wenn sie sich nicht vereinnahmen lassen will von dieser wilden Feier ikonischer Bildmacht? Der französische Produzent Alain Brigard fand eine Antwort. Er fragte weltweit an, wie der 11. September sich jenseits der Zentren der Macht spiegele, bei all den Marginalen, Randständigen und Ausgeschlossen vom verheissenen Glück der Globalisierung., sprich bei all den sozialen, ethnischen oder politischen Gruppierungen, die man selten oder nur als beiläufige Opfer auf den TV Bildschirmen sieht. Er stellte nur eine Bedingung: die Beiträge sollten genau 11 Minuten, neun Sekunden und eine Einstellung/Bild dauern. Antworten kamen u.a. aus Japan (Shohei Imamura), Ägypten (Youssef Chahine,), Indien (Mira Nair), Israel (Amos Gitai), Grossbritanien (Ken Loach) und dem Iran (Samira Makhmalbaf). Genau elf dieser Beiträge kommen nun in die Kinosäle, nachdem sie in diesem Jahr in Venedig präsentiert worden waren. Vielfältig wie ihre Herkunft sind auch die Ästhetiken und dargebotenen Perspektiven. Samira Makhmalbaf etwa zeigt sich hintersinnig parabelhaft und zeigt eine Lehrerin, die ihren afghanischen Flüchtlingskindern die Katastrophe der zusammen gestützten Twin Towers erklären möchte. Die niemals eines Hochhauses ansichtig gewordenen Kinder wirken zerstreut und fühlen sich offensichtlich überfordert. Der Japaner Imamura schafft einen allegorisch verschlüsselten Kurzfilm, der mit der doch klaren Botschaft endet "Es gibt keinen heiligen Krieg". Ken Loach bietet einen sehr prägnanten Beitrag über den 11. September 1973, Tag des nicht zuletzt durch US-Interventionen inszenierten Sturzes des sozialistischen Präsidenten Salvador Allende, und der Folgezeit, in der ca. 30 000 Personen zu Folteropfer des US-freundlichen Nachfolgeregimes wurden. Doch auch ohne zeitliche oder räumliche Entfernung gelingt der andere Blick auf den 11. September. Der Amerikaner Senn Penn situiert seinen Beitrag in unmittelbarer Nachbarschaft der Twin Towers. Durch deren Einsturz fällt zum ersten mal seit Jahrzehnten Licht in das vorher düstere Appartement eines vereinsamten Witwers, der dort seit langem in der Lebenslüge verharrte, seine Frau lebe noch. Im einbrechenden Lichtschwall muss er sich plötzlich ihren Tod eingestehen.

(Dieter Wieczorek)

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