Away We Go
USA/GB 2009, Laufzeit: 98 Min., FSK 12
Regie: Sam Mendes
Darsteller: John Krasinski, Jeff Daniels, Maya Rudolph, Catherine O'Hara, Allison Janney, Jim Gaffigan, Carmen Ejogo, Maggie Gyllenhaal, Josh Hamilton, Chris Messina, Melanie Lynskey, Paul Schneider, Samantha Pryor, Conor Carroll, Bailey Harkins, Colton Parsons, Katherine Vaskevich, Jerome Walter Stephens, Brianna Eunumi Kim, Isabelle Moon Ale
Als Verona erfährt, dass sie schwanger ist, begibt sie sich gemeinsam mit ihrem Freund auf die Suche nach einem Elternhaus.
Burt (John Krasinski) und Verona (Maya Rudolph, „Idiocracy“), ein Pärchen um die 30, leben bescheiden und glücklich. Sie sind in dem Alter angekommen, in dem sie die jugendliche Leichtigkeit hinter sich gelassen haben, nachdenklicher werden und Angst davor bekommen, uncool zu sein. „Sind wir Versager?“; „Sind wir bescheuert?“; „Wir sind total frei!“. Denkste! Denn bei aller Reflexion ist das gereifte Pärchen nicht auf das Unerwartete vorbereitet: Als Verona schwanger wird, verlieren die werdenden Eltern die Orientierung. Um Rat und einen Platz zu finden, an dem sie sich niederlassen können, beginnen die zwei einen Streifzug durch Nordamerika. In der Hoffnung auf entsprechende Impulse besuchen sie Freunde und Verwandte. Burts Eltern wandern just nach Belgien aus, also besuchen sie Veronas zynische Ex-Chefin, Geschwister, Adoptiveltern oder weltverschlossene Esoteriker. Die Menschen, die Burt und Verona besuchen, bieten dabei nicht nur Wohnalternativen, sondern vor allem auch verschiedenste und mitunter recht abenteuerliche Erziehungsmodelle.
Schön: Regisseur Sam Mendes hat seine hochglanzstilisierte, zynische „American Beauty“-Welt endgültig verlassen. „Away We Go“ ist angenehm schlicht und lebensnah inszeniert, das bürgerliche Vorstadtleben ist in diesem Roadmovie höchstens eine Station von vielen. Der Zynismus wurde von Ironie abgelöst, mit der der Regisseur die Odyssee seiner trefflich besetzten Helden trotz aller Komplikationen optimistisch dirigiert. Die Stationen, an denen das Paar Halt macht, spiegeln amerikanische Befindlichkeiten: verblendete Scheinwelten, fundamentalistische Lebensentwürfe, Zukunftsängste.
Wie schon in „American Beauty“ erweist sich Mendes gemeinsam mit seinen Drehbuchautoren (Dave Eggers, Vandela Vida) als genauer Beobachter. Mendes inszeniert bodenständig, und das Absurde wird allemal (und vielleicht auch nur vermeintlich) gestreift, beispielsweise wenn Burt und Verona auf seine Cousine treffen, eine Eso-Nanny namens LN (Maggie Gyllenhaal), die ihren Kindern nicht nur Zucker, sondern auch den Kinderwagen verweigert – weil man damit ja sein Kind von sich wegschiebt. Anders als noch in seinem letzten Film „Zeiten des Aufruhrs“ setzt Mendes dem Thema Entzweiung hier die funktionstüchtige Zweisamkeit entgegen, ohne zu verklären. Nein, Mendes lässt das Paradies auf Erden auch hier nicht zu: Hinter jedem Lächeln verbirgt sich eine Träne. Doch das gleiche gilt auch umgekehrt. Und so läuft sein kleines Roadmovie wundervoll in verstörter Zuversicht aus – und damit vermutlich so ähnlich wie jede erste Schwangerschaft.
(Hartmut Ernst)
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