Birnenkuchen mit Lavendel
Frankreich 2015, Laufzeit: 97 Min., FSK 0
Regie: Eric Besnard
Darsteller: Virginie Efira, Benjamin Lavernhe, Lucie Fagedet
>> www.birnenkuchen-mit-lavendel.de/
Poetische Komödie mit Wohlfühl-Garantie
Eine Welt voller Wunder
„Birnenkuchen mit Lavendel“ von Éric Besnard
„Wenn er Sie zwickt, dann liebt er Sie!”, sagt der Antiquariatsbetreiber Jules zu Louise, als er ihr ein paar Hintergrundinformationen von Pierre gibt, die sich über seinen kauzigen Untermieter Pierre erkundigt, der sich seit dem glimpflich ausgegangenen Autounfall bei der verwitweten jungen Frau und ihren beiden Kindern eingenistet hat. Schon bald erweist er sich als das französische Pendant zum „Rain Man“, das ununterbrochen Primzahlen aufsagt und sich als wahrer Ordnungsfanatiker entpuppt. Doch hinter dem liebenswerten Spinner mit dem Asperger-Syndrom steht auch ein tief empfindender Mann, der einerseits vor Schüchternheit fast zerfließt, dann aber auch tatkräftig Louises verkorkste Existenz in die Hand nimmt: Als die Banken Louises unrentabel gewordene Birnen- und Lavendelhonig-Plantage nicht mehr länger finanzieren wollen, findet er nicht nur die Lösung, sondern schließlich auch zu ihrem Herzen, das sich lange gegen diese eigentlich unvorstellbare Beziehung gewehrt hatte.
Da man als Zuschauer eben diese Zweifel von Anfang an teilt, ist man ebenso überrascht über die Entwicklung, gibt sich aber schließlich diesem Märchen hin, weil es einen einfach mitten ins Herz trifft, ohne jemals in Kitsch zu verfallen. Die idyllische Landschaft der Provence, von Kameramann Philippe Gilbert in stimmungsvollen Cinemascope-Panoramen eingefangen, ist dabei genauso wie der gefühlvolle Soundtrack von Christophe Julien (unbedingt kaufen und auflegen, wenn der kleine Depri im Anmarsch ist!) ein kongenialer Verbündeter von Éric Besnards Inszenierung. Der 51-Jährige, den es hierzulande als Regisseur noch zu entdecken gilt, hat sich bisher hauptsächlich als Drehbuchautor (u.a. „Unter Freunden“, 2015) einen Namen gemacht. Und auch hier zeigt er ein besonderes Talent für die Zeichnung seiner Charaktere. So gibt er seine Figuren, wie den ebenfalls in Louise (aussichtslos) verknallten Nachbarn, nie der Lächerlichkeit preis, wie es ihm überhaupt mit traumwandlerischer Sicherheit gelingt, dass man nie über die Personen lacht, sondern über die Situationen.
Zum Beispiel wenn Pierre wie selbstverständlich Louise mit den Worten „Du bist sicher schön, wenn du nackt bist“ ins Bad folgt. Das wirkt dann keineswegs anmacherisch, sondern auf eine berührende Art unschuldig. Was natürlich auch am authentischen Spiel der belgischen Schauspielerin Virginie Efira (Louise) und ihres französischen Kollegen Benjamin Lavernhe (Pierre) liegt, die einen selbst die wundersamste Wendung der Geschichte glauben lassen. Und auch in der Führung von Louises pubertierender Tochter Emma (Lucie Fagedet) und ihrem cleveren Sohn Felix (Léo Lorléac'h) beweist Besnard ein sicheres Händchen, genauso wie beim Timing der nie über Gebühr strapazierten Gags, die von leisem Humor bis Slapstick reichen und in dem wunderbaren Running Gag mit den bunten Klebepunkten, die Pierre überall in Louise Haus verteilt, ihren skurrilen Höhepunkt finden. Kein Wunder, dass der Film auf den Französischen Filmtagen 2015 in Tübingen den Publikumspreis abräumte. Jetzt könnte er mit seiner Poesie unseren (französischen) Urlaubssommer einläuten.
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