Caótica Ana
Spanien 2007, Laufzeit: 116 Min., FSK 16
Regie: Julio Médem
Darsteller: Charlotte Rampling, Manuela Vellés, Nicolas Cazalé, Asier Newman, Raul Pena, Matthias Habich, Gerrit Graham, Lluís Homar
Eine junge Malerin verschlägt es aus der Einöde erstmals in die Großstadt. Dort entdeckt sie das Leben. Regisseur Julio Medem („Die Liebenden des Polarkreises“) widmet sich auf ein Neues dem Leben und der Liebe.
September 2001: Die junge Ana (Manuela Vellés) ist unter der Obhut ihres Vaters (Matthias Habich) in einer Höhle auf Ibiza aufgewachsen. Das wohlbehütete, sorgenfreie Leben fern des Weltgeschehens findet ein Ende, als Anas künstlerisches Talent von der Mäzenin Justine (Charlotte Rampling) entdeckt wird. Justine lädt die hübsche Malerin nach Madrid in ihre Künstlergemeinschaft ein. Dort erlebt Ana nicht nur ihren ersten Schnee, sondern auch Freundschaft, erste Liebe und Leid. Und Standpunkte: Die Menschheit, sagt Freundin Linda (Bebe), bestehe bloß aus Vergewaltigern und Huren. Und Lover Said (Nicolas Cazalé) meint, das Leben sei nur reine Zeitverschwendung. Während sich Ana neugierig und aufgeschlossen dem Großstadtleben annähert, wird sie zunehmend von Visionen geplagt. Ein Hypnotiseur versucht, das Geheimnis hinter ihren hellseherischen Tagträumen zu lüften und das verborgene Chaos in Ana zu ergründen.
„Tierra“, „Lucia und der Sex“ – leidenschaftlich und poetisch verschreibt sich der baskische Regisseur Julio Medem der geheimnisvollen Kraft der Liebe. Seine jungen Protagonistinnen wanken zwischen Suche und Verführung, und das immer mit einer wundersamen Prise Magie. So auch bei „Caótica Ana“: Medem gestaltet Anas Vertreibung aus dem Paradies als sakrale Gratwanderung, die den Zuschauer hypnotisch in die Innenwelten der Heldin ziehen möchte: „10, 9, 8 “ - von Anfang an verbindet ein szenischer Countdown die Stationen, die Ana durchläuft. Befremdliche Phantasien und bunte Animationen spiegeln dabei ihr Seelenleben.
Ähnlich wie Wim Wenders lässt Medem in seine märchenhaften Dramen Alltagsphilosophie und inspirierte Ansätze über Liebe, Leben und Tod einfließen. Diesmal gelingt dies leider nicht ganz so leichthändig: Der bemühte Versuch, den 11. September und den Krieg im Irak mit der spirituellen Geschichte zu verweben und seine Heldin schließlich auf unappetitliche Abwege zu geleiten, gestaltet Anas metaphysische Odyssee als unnötig holprig. So krankt der Film gelegentlich wie seine Heldin an Zerrissenheit und Unruhe. Blendet man dies aus, darf man sich an einer gelungen besetzten Sinnsuche erfreuen. Vor allem Medems Entdeckung Manuela Vellés in der Titelrolle vermag in ihrer glaubwürdigen Darstellung zu überzeugen. Und ob man am Ende des Countdowns aus der Hypnose erwacht oder erst in sie hineinfällt, darf jeder für sich selbst erleben.
(Hartmut Ernst)
Kino als Empathie-Maschine
Warum wir Kino in Zukunft mehr brauchen denn je – Vorspann 01/25
Stark durch Solidarität
„Billige Hände“ im Filmhaus – Foyer 12/24
Übers Ankommen in Deutschland
„Zwischen Sein und Nichtsein“ von Leocadie Uyisenga – Film 12/24
Toleranz zum Jahresende
Mit Kino zu mehr Empathie finden – Vorspann 12/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24