Creed II
USA 2018, Laufzeit: 130 Min., FSK 12
Regie: Steven Caple Jr.
Darsteller: Michael B. Jordan, Sylvester Stallone, Dolph Lundgren
Gelungene Weiterführung der Legacy
Berufung
„Creed 2“ von Steven Caple Jr.
Geschafft: Adonis Creed (Michael B. Jordan) ist endgültig aus dem Schatten seines Übervaters Apollo herausgetreten – jetzt ist er selbst Weltmeister. Rocky Balboas (Sylvester Stallone) Verhältnis zu seinem Schützling kann besser nicht sein: Während er sich von seinem eigenen Sohn entfremdet hat, ist er Creed zum Ersatzvater geworden. Dann aber sitzt ein alter Bekannter in seinem Restaurant: Ivan Drago (großartig zermürbt: Dolph Lundgren), der Mann, der Apollo dereinst in die ewigen Jagdgründe geboxt hatte. Rocky hatte den Russen daraufhin in seiner Heimat aus dem Ring gehauen, woraufhin Ivan in Ungnade gefallen ist und von seiner Frau (Brigitte Nielsen) verlassen wurde. Jetzt sucht Ivan Vergeltung. Dafür hat er sich über die Jahre einen schlagkräftigen Racheengel herangezüchtet: seinen Sohn Viktor (Florian Munteanu). Viktor ist groß, schnell, stark, er kämpft unorthodox – und er fordert den Weltmeister heraus. Creed beißt an, Rocky geht in Deckung.
Regisseur Ryan Coogler hatte die Kultreihe mit „Creed – Rocky’s Legacy“ zurück zu alter Stärke geführt. Nun übernimmt Newcomer Steven Caple Jr. das Ruder. Und er gleitet sicher durchs gleiche Fahrwasser: mit zurückgenommenem Pathos, emotionaler Kante und einem erneut stark aufspielendem Co-Produzenten und Co-Autoren Sylvester Stallone als Trainer und Mentor führt er auch die „Creed“-Fortsetzung in ein sehr gelungenes Box-Drama.
Das Drehbuch ist schlicht gestrickt – aber nie plump. Und damit äußerst wirkungsvoll: Noch einmal erfahren wir, worauf es ankommt im Ring: Wer aus Rache kämpft und blind seinem Temperament folgt, der fällt. Sieger wird, wer sich dazu berufen fühlt und für sich kämpft statt nur für andere. Und wer gewinnen will, das wissen wir seit Rockys erstem Kampf, der muss (immer) wieder aufstehen. Zudem hat Creed noch einen weiteren Joker im Ärmel: Partnerin Bianca (Tessa Thompson), die, auf Rat von Creeds schicksalsgeprüfter Mutter, hinter dem Strebenihres Adonis artig zurücktritt und ihn stattdessen mit aller Liebe stützt. Das klingt aus emanzipatorischer Sicht wenig fortschrittlich – und ist es auch nicht.
Aber es geht in diesem Boxerfilm auch nicht vordergründig um die Rolle der Frau. Nein, diesmal geht es vor allem um Väter und Söhne. Instrumentalisierte Söhne von einstmals instrumentalisierten Vätern, verlorene Söhne von verlorenen Vätern, Ersatzsöhne von Ersatzvätern. Und zwei Söhne, die von zwei alleinerziehenden Vätern und divergierenden pädagogischen Ansätzen durch den Ring und das Leben getragen werden. Das klingt komplex konstruiert und nach mächtig viel Zeigefinger. Doch Letzterer ist hier ordentlich unterm Boxhandschuh bandagiert und mit den vier Genossen drumherum zur Faust verbunden. Und genau das war ja schon beim Vorgänger bewährtes Rezept: Fausthieb mit Herz und Verstand!
Es gibt kleine Schwächen, und die wuchtigen Kämpfe haben wir im Hinblick auf Inszenierung und Choreographie alle schon gesehen. Was aber dominiert, ist die Seele, die auch hier wieder vom ersten „Rocky“ zehrt und zudem gelungen Kreise schließt zu „Rocky IV“. Und das macht auch dieses Sportlerdrama mitreißend, groß und stark.
(Hartmut Ernst)
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