Daddio – Eine Nacht in New York
USA 2024, Laufzeit: 101 Min., FSK 12
Regie: Christy Hall
Darsteller: Sean Penn, Dakota Johnson, Marcos A. Gonzalez
>> www.daddio-film.de/
Atmosphärisches Kammerspiel mit toller Besetzung
Gegensätze, die sich bereichern
„Daddio - Eine Nacht in New York“ von Christy Hall
Mit Rollkoffer, Docks, elegant-legerer Kleidung und blondem Pagenschnitt kommt eine junge Frau spätabends aus dem Gebäude des Flughafens JFK in New York und wird dem nächsten Taxi in der Schlange zugeteilt. Den älteren Fahrer, der ihr Gebäck einlädt, würdigt sie keines Blickes. Los geht die Fahrt in Richtung Midtown, Fahrer und Fahrgast schweigen. Doch der Mann fixiert die schöne Frau im Rückspiegel und scheint nur auf den Moment zu warten, ein Gespräch zu beginnen. Es ist seine letzte Fahrt – ein guter Aufhänger, nach einem schweren Tag mit magerem Trinkgeld ein wenig über die Welt zu schimpfen. Die Frau unterbricht ob einiger küchenphilosophischer Bonmots ihr Texting und Sexting mit ihrer Affäre und blickt interessiert auf.
Zwischen urbaner Peripherie – die New Yorker Skyline stets im Fokus – entfaltet sich ein Dialog zwischen dem ungleichen Paar: Der Taxifahrer kokettiert mit seiner Menschenkenntnis, landet tatsächlich oft Treffer, hätte aber nie auf Programmiererin als Beruf getippt. Die junge Frau, beeindruckt, geschmeichelt, aber auch etwas irritiert und abgeschreckt von dessen Meinungen, Einschätzungen und Ratschlägen, lässt sich auf ein zunehmend privates Gespräch ein, bis sich die beiden Dinge erzählen, die sie noch nie mit jemandem geteilt haben.
Dass eine Regiedebütantin gleich mit einem solchen Kaliber wie Sean Penn zusammen dreht, kommt nicht alle Tage vor. Wenn dann auch noch Dakota Johnson dabei ist, Enkelin von Tippi Hedren und bekannt unter anderem für ihre Rolle als Ana Steele in der „Fifty Shades of Grey“-Trilogie, sollte man mal genauer auf die Filmografie achten. Da findet man die Serie „I Am Not Ok With This“. Für die sehr gelungene queere Teenie-Superhelden-Geschichte (nach einer Graphic Novel von Charles Forsman, von dem auch die Vorlage zu der Miniserie „It‘s the End of the fucking World“ stammt) hat sie das Drehbuch geschrieben und auch produziert. Die Serie wurde leider nach einer Staffel eingestellt, teils aus finanziellen Gründen, teils wegen der Erschwernisse während der Pandemie.
„Daddio“ ist ein klassisches Kammerspiel: zwei Menschen an einem abgeschlossenen Ort, auch wenn dieser sehr mobil durch das nächtliche New York gleitet. Es ist eine intime Stimmung, die das Taxi herstellt. Filme, die (fast) ausschließlich in Autos spielen, gibt es einige. Meist sind es Actionfilme, angefangen bei Steven Spielbergs großartigem Debüt „Duell“ von 1972. Schnell ist an „Daddio“ allerdings rein gar nichts. In aller Ruhe entfaltet sich ein Gespräch, kommt wie der Verkehr nach einem Unfall zum Stillstand, um dann an anderer Stelle wieder aufgenommen zu werden. Damit das funktioniert und gleichermaßen realistisch wie unterhaltend wirkt, müssen die Dialoge genau sitzen. Und die Darsteller:innen müssen überzeugen. Mit ihrer Besetzung von Penn als alter weiser/weißer Mann und Johnson als handfeste, aber auch verletzliche junge Frau hat Christy Hall einen Coup gelandet. Zwischendurch fängt die Kamera von Phedon Papamichael („Le Mans 66“, zuletzt „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“) Impressionen vom nächtlichen Highway und Manhattan ein.
(Christian Meyer-Pröpstl)
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