Das Flüstern der Felder
Polen, Serbien, Litauen 2023, Laufzeit: 114 Min., FSK 12
Regie: DK Welchman, Hugh Welchman
Darsteller: Kamila Urzedowska, Robert Gulaczyk, Julia Wieniawa-Narkiewicz
>> tickets.plaionpictures.com/das-flustern-der-felder
Bildgewaltiges Bauerndrama
Wenn Konventionen diktieren
„Das Flüstern der Felder“ von Dorota Kobiela und Hugh Welchman
Wer „Loving Vincent“ gesehen hat, kennt die außergewöhnliche Bildtechnik des Regie-Ehepaars Welchman/Kobiela. In ihrem neuen Film lassen sie wieder prunkvolle Bilder sprechen. Über 50.000 Ölbilder wurden von über 100 Künstlern geschaffen, die die real verfilmten Szenen auf Leinwände übertrugen. Die Gemälde wurden animiert und erneut zum Film zusammengeschnitten. Das Ergebnis: ein bildgewaltiges Werk, das man so noch nicht gesehen hat.
In Polen kennt jede:r die Romanvorlage „Die Bauern“ von Władysław Stanisław Reymont. Das Werk gehört zur Schulpflichtlektüre und ist kulturelles Selbstverständnis. Hierzulande dürfte es einigen so gehen wie mir: noch nie von gehört, obwohl der Autor dafür 1924 den Literaturnobelpreis erhielt. Buch und Film erzählen die tragische Geschichte der hübschen Jagna (Kamila Urzedowska), die in einem polnischen Bauerndorf lebt. Dort macht ihr der verwitwete Bauer Maciej (Miroslaw Baka), einen Heiratsantrag. Jagna liebt bereits heimlich einen anderen, doch ihre geldgierige Mutter überredet sie, den Witwer zu heiraten. Er ist die beste Partie im Dorf und eine Ehe mit ihm macht Jagna zur reichen Frau und Grundbesitzerin. Jagna willigt ein, doch wen sie wirklich liebt, ist Antek (Robert Gulaczyk). Der ist aber nicht nur bereits verheiratet, sondern auch Maciejs Sohn. Das würde die Sache selbst im Köln des 21. Jahrhunderts nicht gerade einfach machen, in einem polnischen Dorf im 19. Jahrhundert jedoch führt diese Konstellation geradeaus in die Katastrophe. Die baut sich langsam auf und wird immer bedrohlicher, was in vier Jahreszeiten-Tableaus erzählt wird. Was im Frühling mit einer Leichtigkeit beginnt, endet im Winter tragisch. Die vier Jahreszeiten, die sich über die Geschichte erstrecken, sind wunderschön dargestellt. Das Säen des Korns, das Heranwachsen der Feldfrucht, das Ernten – die Natur im Einklang. Im Grunde nicht weniger natürlich sind zwei Menschen, die sich lieben. Die Intensität des Verlangens zwischen Jagna und Antek wird nicht nur in den heimlichen Treffen, sondern auch in häufigen Tanzsequenzen gezeigt, die von polnischer Volksmusik eindringlich begleitet werden. Doch ahnt man schnell: Das kann nicht gut gehen. Im Dorf wird getuschelt, Jagna wird als Hure beschimpft, verschmäht, und dann stirbt Maciej …
Das Weib als ewige Sünderin – ein beliebtes Thema der Weltliteratur. Hawthornes Hester Prynne, Flauberts Emma Bovary und Fontanes Effi Briest sind alle Vorgängerinnen von Jagna, die es ebenfalls, zum Teil mehrmals, auf die große Leinwand geschafft haben, aber selten so bildgewaltig und atemlos wie hier. Im Gegensatz zu „Loving Vincent“ ließe sich die Geschichte auch konventionell, als reine Real- oder Animationsverfilmung, erzählen, was fürs Auge jedoch weniger opulent wäre.
(Tina Adomako)
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Die schwierige Situation in Venezuela
„Das Land der verlorenen Kinder“ im Filmhaus – Foyer 06/24
Sternenkriege und Weißer Terror
Volles Sommerkinoprogramm – Vorspann 06/24