Das Pubertier – Der Film
Deutschland 2017, Laufzeit: 91 Min., FSK 6
Regie: Leander Haußmann
Darsteller: Harriet Herbig-Matten, Jan Josef Liefers, Heike Makatsch
>> www.constantin-film.de/kino/das-pubertier-der-film
Turbulente Komödie
Holterdipolter
„Das Pubertier“ von Leander Haußmann
„Wo sind denn die Ponys“, wundert sich Hannes (Jan Josef Liefers) , als er das Zimmer seiner 14-jährigen Tochter Carla (gelungener Einstand: Harriet Herbig-Matten) betritt. Und er erkennt: Es ist soweit, das Kind pubertiert. Also beschließt er, Carla fortan zu begleiten und seinen nächsten Roman daheim zu schreiben. Gattin Sara (Heike Makatsch) geht weiter arbeiten und nimmt’s mit Fassung, und so ertrinkt der engagierte Papa schon bald im Chaos. Dabei war ihm die konfliktbeladene Beziehung seines Kumpels Holger (Detlev Buck) zu dessen Graffiti-sprayenden Sohn eigentlich schon Warnung genug.
Am Anfang denkt man noch, alles wird gut: Leander Haußmann stellt seiner Komödie die (eigenen) Worte voran: „In der Erziehung gibt es kein Richtig oder Falsch. Es gibt nur Falsch.“ Entsprechend augenzwinkernd arbeitet die Komödie zu Beginn Eigenarten der Schutzbefohlenen und ihrer Erziehungsberechtigten heraus, überspitzt sie gar in den einen oder anderen absurden Tagtraum, und Jan Josef Liefers kokettiert dazu munter mit der Kamera.
Leider aber verliert der Film schon bald die Bodenhaftung und zwingt jede Szene in die heillose Eskalation. So wirkt die anfängliche Ironie irgendwann bloß noch bemüht, um alsbald in purem Klamauk zu münden. Anders als in der sehr gelungenen, weil trotz mancher Überhöhung immer lebensnahen Eltern-Komödie „Was hat uns bloß so ruiniert“, geht dem „Pubertier“ irgendwann komplett der satirische Ansatz verloren. Weil diese Over-the-Top-Orgie nur noch Inszenierung ist statt Nähe zum Leben.
Damit reiht sich der Film wiederum recht gut in das komödiantische Post-„Herr Lehmann“-Schaffen von Leander Haußmann ein („NVA“, „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“, „Dinosaurier – Gegen uns seht ihr alt aus!“). Eigentlich hatte uns Haußmanns letzter Spielfilm „Hai-Alarm am Müggelsee“ hoffnungsvoll gestimmt, mit dem er gezeigt hat, wie gut ihm die Anarcho-Komödie steht. Hier aber knüpft er wieder ungebremst an sein Mainstream-Werk an, und das Holterdipolter. Schade.
Auch dramaturgisch holpert es: Der Versuch, aus dem episodischen Roman von Jan Weiler, der auch am Drehbuch mitarbeitete, eine flüssige Geschichte zu erarbeiten, gelingt kaum. Spiegelt mancher Moment noch gelungen so manche Eltern-Kind-Beziehung, bleibt die gesamte Entwicklung von strengem Reglement hin zur Omnitoleranz weitestgehend schleierhaft und wird kaum reflektiert. Die Rolle von Justus von Dohnányi ist komplett überflüssig und damit ähnlich unmotiviert wie das finale Ständchen von Liefers und Makkatsch.
Kein Biss, kein Fluss. Noch etwas? Ja: Der Film ist zuweilen auffallend schlecht montiert. Und die Zimmer der Jugendlichen sind gepflastert mit Postern zu Filmen, die ausschließlich dem Hause des Filmverleihs Constantin entspringen. Auch das entspricht kaum unserer Lebenswirklichkeit und veranschaulicht damit noch einmal anschaulich das Manko dieses Films.
Kino als Empathie-Maschine
Warum wir Kino in Zukunft mehr brauchen denn je – Vorspann 01/25
Stark durch Solidarität
„Billige Hände“ im Filmhaus – Foyer 12/24
Übers Ankommen in Deutschland
„Zwischen Sein und Nichtsein“ von Leocadie Uyisenga – Film 12/24
Toleranz zum Jahresende
Mit Kino zu mehr Empathie finden – Vorspann 12/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24