Der fantastische Mr. Fox
USA 2009, Laufzeit: 87 Min., FSK 6
Regie: Wes Anderson
Darsteller: Andrea Sawatzki, Christian Berkel (Sprecher)
Ein charmanter Tunichtgut von einem Fuchs legt sich mit schießwütigen Menschen an. Cleverness ist gefragt!
„Rushmore“, „Die Royal Tenenbaums“, „Die Tiefseetaucher“ – Wes Anderson ist ein Meister knallig-kurioser Menschenfabeln. Nach seinem vergleichsweise ausgebremsten, aber nicht weniger beseelten Film „Darjeeling Limited“ nimmt er dramaturgisch wieder Fahrt auf und kredenzt diesmal eine kuriose Tierfabel: „Der fantastische Mr. Fox“, ein Stop-Motion-Trickfilm-Abenteuer, das auf dem gleichnamigen Kinderbuch von Roald Dahl basiert. Erzählt wird darin die Geschichte von einem Fuchs namens Mr. Fox, der mit seiner Angetrauten und Sohnemann Ash in seiner heimeligen Familienhöhle lebt. Schon bald bekommen sie Besuch vom Neffen Kristofferson, der anders als Ash geerdet ist und Yoga betreibt. Trotz hochheiliger Versprechungen gegenüber der geliebten Gattin begibt sich Mr. Fox eines Tages, gelangweilt von Heim und Höhle, auf Hühnerjagd. Dabei legt er sich mit den Menschen an, genauer: mit den schießwütigen Geflügelbauern Boggis, Bunce und Bean. Und die schlagen mächtig zurück. So mächtig, dass nicht nur das Leben der Angehörigen des flinken Hühnerdiebs auf dem Spiel steht, sondern auch die Existenz aller Vierbeiner in der Gegend.
Fantastisch! Nachdem seine Spielfilme ohnehin schon gern mal fantastische Elemente im realitätsverbundenen Umfeld aufwiesen, verlässt Wes Anderson diesmal endgültig die Welt, wie wir sie kennen und stürzt sich in ein flottes und enorm humorvolles Tierabenteuer. Anders als bisher bei Anderson lacht man hier nicht über irrational agierende Menschen, sondern über das Menschliche im Tier: ein charmanter Gentleman-Fuchs, der seine Gattin verehrt, aber vom Stehlen nicht lassen kann; sein mit Komplexen beladener Sohn, der sich zwanghaft zu beweisen bemüht und neidisch auf den Yoga-Neffen blickt. Liebe, Neid, familiärer Zusammenhalt, Freundschaft, Missgunst – neu sind die allzu menschlichen Themen in diesem Tierabenteuer nicht. Bereits Walt Disney wusste davon mannigfach zu erzählen. Doch Anderson hält mit smarten Dialogen und flottem Tempo dagegen und verzichtet komplett auf Kitsch, was den Film vor allem für die Erwachsenen zum ebenso anregenden wie kurzweiligen Vergnügen macht.
Anders als Disney schafft Wes Anderson immer Filme für reife Kinder. Hinter seiner omnipräsenten kindlichen Fantasie steckt auch stets ein smartes Köpfchen, ohne dass sein Schaffen dabei aufgesetzt intellektuell wirkt. Seine intellektuelle Leistung besteht vielmehr darin, sich mit Spaß und Mut festgefahrenen Schablonen zu entziehen und dafür neue Erzählformen zu finden. Dass er hier die Möglichkeit nutzt und sich mit seinen kreativen Mitstreitern in seiner Stop-Motion-Welt stilsicher auslebt, versteht sich von selbst. Jede Einstellung ist hier ein Hingucker. Die Musik von Alexandre Desplat („Der Ghostwriter“) kommentiert das Geschehen je nachdem mit indischem, spanischem oder Western-Einschlag, und wenn es gerade passt, dürfen auch mal die Rolling Stones oder die Beach Boys ran. Nein, das ist kein Disney-Film, sondern ein weiteres Geschenk aus dem Wes-Anderson-Universum, das man nach dem Kinoabend dankbar grinsend mit nach Hause nimmt.
(Hartmut Ernst)
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