Der stille Amerikaner
USA/Australien 2002, Laufzeit: 101 Min., FSK 12
Regie: Phillip Noyce
Darsteller: Sir Michael Caine, Brendan Fraser, Do Hai Yen, Rade Serbedzija, Tzi Ma, Robert Stanton, Holmes Osborne, Pham Thi Mai Hoa, Quang Hai, Ferdinand Hoang
Die Leiche eines Mannes wird im Schutz der Dunkelheit von einer Brücke in einen Fluss geworfen. Wenig später äußert ein Polizeiinspektor beim Anblick des Toten nüchtern: "ein sehr stiller Amerikaner". In den Wochen vor seinem gewaltsamen Tod hat jener vermeintlich stille Amerikaner allerdings viel Staub aufgewirbelt. Warum er sterben musste, wird nun in Rückblenden erzählt.Saigon 1952. Mehr als ein Jahrzehnt wird es noch dauern, bis die Amerikaner ihre GIs ins Land schicken. Aber bereits jetzt tobt der Krieg in Vietnam: Die einstigen französischen Kolonialherren kämpfen im Norden gegen kommunistische Partisanen. Thomas Fowler (Michael Caine) lebt schon seit Jahren in Vietnam und möchte nie wieder weg. Er liebt die intensiven Farben und Gerüche, die Frauen und die Opiumhöhlen und selbst den Regen, der so ganz anders ist als in London. Fowler arbeitet als Korrespondent der Times, führt mit seiner vietnamesischen Geliebten Phuong ein ziemlich laues Leben und schickt alle Jubeljahre einmal einen Artikel in die Heimat. In Saigon ist von den kriegerischen Auseinandersetzungen nichts zu spüren, nur manchmal blitzt in beruhigend großer Entfernung eine Granate über den Himmel. Dann aber ändert sich Fowlers Alltag schlagartig: Zum einen droht die Times ihren trägen Reporter zurückzubeordern, wenn nicht regelmäßige Berichte kommen. Zum anderen schließt der betagte Brite Freundschaft mit einem jungen Amerikaner. Während Fowler viel auf seine Neutralität hält, will der enthusiastische Alden Pyle (Brendan Fraser) als vermeintliches Mitglied einer humanitären Hilfsdelegation aktiv Veränderungen bewirken. Bald aber bleibt Fowler nichts anderes übrig, als sich ebenfalls einzumischen: Pyle verliebt sich in seine Konkubine Phuong und will sie in die USA mitnehmen. Obwohl er lieber um seine Freundin kämpfen würde, reist Fowler einer guten Story wegen in den gefährlichen Norden und wird erstmals direkt mit der Grausamkeit des Krieges konfrontiert. Auch findet er erste Spuren dafür, dass Pyle in Wahrheit CIA-Agent ist und eine paramilitärische Einheit im Kampf gegen die Kommunisten unterstützt. Zurück in Saigon, wird Fowler schließlich Zeuge eines verheerenden Bombenanschlags, den Pyle eingefädelt hat. Das ist für Fowler der Anlass, endgültig Stellung zu beziehen: "Um menschlich zu bleiben, muss man Partei ergreifen."Regisseur Phillip Noyce, der bisher mit Thrillern wie "Das Kartell" oder "Sliver" unterhielt, hat mit "Der stille Amerikaner" großes, tragisches Kino abgeliefert. In seiner Verfilmung des gleichnamigen Romans von Graham Greene stellt er die Moral der Zuschauer mehr als einmal auf die Probe: Obwohl Pyle Fowler die Geliebte ausspannt, kommen wir nicht umhin, ihn sympathisch zu finden. Der CIA-Mann rettet dem Reporter das Leben, trotzdem liefert Fowler ihn ans Messer. Eine große Faszination bezieht der Film aus dem exotischen Flair der Originalschauplätze. Das Darstellerensemble ist über jeden Zweifel erhaben: Der grandiose Michael Caine wurde für seinen Part mit einer Oscar-Nominierung bedacht, Brendan Fraser spielt mit nicht minder einnehmendem Charme. Und so ganz nebenbei werden auch noch die außenpolitischen Eskapaden der USA in Frage gestellt.
(Marita Ingenhoven)
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Die schwierige Situation in Venezuela
„Das Land der verlorenen Kinder“ im Filmhaus – Foyer 06/24
Sternenkriege und Weißer Terror
Volles Sommerkinoprogramm – Vorspann 06/24