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Der talentierte Mr. Ripley
USA 1999, Laufzeit: 139 Min.
Regie: Anthon Minghella
Darsteller: Matt Damon, Gwyneth Paltrow, Jude Law, Cate Blanchett, Philip Seymour Hoffman

Highsmith-Adaption

Identitätswandel
„Der talentierte Mr. Ripley“ von Anthony Minghella

Wenn "American Beauty" beim diesjährigen Rennen um Golden Globes und Oscars der absolute Favorit sein dürfte, Anthony Minghellas Film nach Patricia Highsmith rangiert wohl sicher in der zweiten Reihe. Fast 40 Millionen Dollar hat "The Talented Mr. Ripley" die ersten 10 Tage in den USA eingespielt. Das überraschende ist: Es ist keiner der üblichen Box-Office-Filme, sondern wunderschönes, sehr individuelles Kino.

Der millionenschwere New Yorker Reeders Herbert Greenleaf beauftragt den höflich zurückhaltenden Tom Ripley, einen Jungen aus einfachen Verhältnissen, den er für einen Studienkollegen seines Sohnes Dickie hält, ausgestattet mit reichlich Bargeld und einer Schiffspassage nach Italien zu reisen, um Dickie, der sich als Playboy und Jazz-Musiker in den einschlägigen Nobelzentren Italiensg herumtreibt, zur Heimkehr zu bewegen. Doch nachdem Ripley mit Greenleaf junior und dessen Freundin Marge Sherwood (Gwyneth Paltrow) Kontakt aufgenommen hat, wird er von dem Leben der Upper Class angesteckt und fühlt sich in Begleitung der beiden Landsleute wohl, zieht mit ihnen durch die einschlägigen Cafés und Nachtlokale, wo sich in den fünfziger Jahren vornehmlich der amerikanische Geldadel die Zeit vertreibt. Toms Bewunderung für dieses Leben, seine auch erotische Faszination für Dickie und Marge gleichermaßen führt zu einer allmählichen Annäherung an die Identität seines neuen Freundes. Den sorglosen Dickie (Jude Law) amüsiert Toms wachsender Identitätswandel, er argwöhnt nichts, wenn dieser sich äußerlich ihm angleicht, seine Stimme perfekt nachahmt, die Unterschrift täuschend echt imitiert, was Marge jedoch gemeinsam mit dem Zuschauer alarmiert.

Regisseur und Drehbuchautor Anthony Minghella erweist sich in seinem jüngsten Film als kongenialer Nachfahre Alfred Hitchcocks. Sein Tom Ripley, brillant gespielt von Matt Damon, ist ein wahres Chamäleon, ein harmloser, bieder braver Junge, wohlerzogen, mit wachem Blick; er lehrt den Zuschauer das Fürchten, während seine Partner auf der Leinwand noch längst nichts Schlimmes ahnen. Dabei sind es nur kleine Gesten, Blicke, Perspektiven, mit denen Minghella und sein Kameramann John Seale Akzente setzen, Irritation verbreiten und langsam kontinuierlich die Spannung anwachsen lassen. Dickies Identität wird in knappen Einstellungen, Szenen oft nur Andeutungen umrissen: seine latente Homosexualität, sein Verhältnis zu anderen Frauen wie Meredith Logue (Cate Blanchett) und der geheimnisvollen Italienierin. All diese Nebenstränge werden sehr scharf beleuchtet, bleiben aber am Rande, lenken nicht vom stringenten Szenenablauf ab. Minghella schafft es, das Klima, den Zeitgeist, die Typen und Charaktere in ihrem Umfeld deutlich zu machen. Die Musik - Gabriel Yareds Melange aus Jazz von Miles Davis und Sonny Rollins und der Klassik von Vivaldi bis Beethoven - ist nicht nur dramaturgisches Mittel, Tom und Dickie verbindet die Liebe zur Musik.

Bereits 1955 hatte Patricia Highsmith Glück mit diesem Ripley-Roman, als René Clement und sein Co-Autor Paul Gegauff ihren Film "Nur die Sonne war Zeuge" (Plain Soleil) drehten. Damals war Alain Delon der gutaussehende, bösartige junge Mann, der es gewohnt ist, auf großem Fuß, aber auf Kosten anderer zu leben und der hinter seinem Charme die Abgründe verbirgt, Matt Damon dagegen wirkt zu Beginn eher linkisch, Hilfe bedürftig, bei ihm ist nicht das Verbrecherische im Charakter angelegt, man hat das Gefühl, dass er aus der Situation heraus zum Mörder und Täuscher wird: Er genießt das süße Leben, beneidet Dickie um seinen Erfolg, um die Art, wie er auf die Umgebung wirkt, um die Liebe der schönen Marge und allmählich braut sich hinter seiner Stirn etwas zusammen, lange vor dem erste Mord. Der geschieht als plötzlicher Anfall, dem aber kein Gefühl des Bedauerns folgt. Ripley tötet den anderen, nimmt dessen Identität an und kassiert. Doch Angst bleibt und ist die Triebkraft weiterer Verbrechen.

(Heiko R. Blum)

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