Die Söhne der großen Bärin
DDR 1965, Laufzeit: 98 Min., FSK 12
Regie: Josef Mach
Darsteller: Gojko Mitic, Jirí Vrstála, Rolf Römer, Hans Hardt-Hardtloff
Indianischer Freiheitskampf im Ostblock
Colonia (683), 02.07.2004
Der sensationelle Erfolg der westdeutschen Karl-May-Filme, die ab Ende 1962 Millionen in die Kinos lockten, rief kurze Zeit später die Defa auf den Plan. Ein Genre, das zunächst einmal völlig abwegig klingt, nämlich "deutsche Indianerfilme", brach ab 1966 auch in den DDR-Kinos alle Rekorde. Und vor allem machte es den muskelbepackten Hauptdarsteller zum größten Filmstar im ganzen Ostblock: Gojko Mitic. Bis zum putzigen, in der Mongolei gedrehten "Der Scout" (1983), entstanden zwölf Indianerfilme mit ihm in den jeweiligen Hauptrollen.
"Die Söhne der großen Bärin" wurde 1965 vorwiegend in Montenegro gedreht, zur Vervollständigung der Aufnahmen nutzte man die Felslandschaft des Elbsandsteingebirges in Sachsen. Das kann man im Film sehr deutlich erkennen. Während die Karstlandschaften im ehemaligen Jugoslawien (wo ja auch die meisten Karl-May-Filme entstanden) wie geschaffen für einen "Wilden Westen" sind, sieht man im deutschen Teil des Films saftige grüne Wiesen und Wälder.
Das Märchenhafte eines Karl May, den die DDR erst in den 80er Jahren neu für sich entdeckte, wollten die Macher der Defa-Indianerfilme nicht haben. Stattdessen waren ideologisch korrekte Stoffe (böse weiße Amerikaner, gute Indianer) Programm, die der Realität der Indianer im 19. Jahrhundert näher kamen als amerikanische Genre-Filme. Gäbe es den Begriff des "Gegen-Western", ich würde ihn hier verwenden wollen.
Dabei ging man im ersten Defa-Indianerfilm mit der Verfilmung der populären und wissenschaftlich fundierten Buchreihe von Liselotte Welskopf-Henrich um die "Söhne der großen Bärin" noch ein geringes Risiko ein. Auch der Nachfolgefilm "Chingachgook, die große Schlange" nach dem "Wildtöter" von James F. Cooper, hatte einen populären Roman zur Vorlage. Erst danach ging man dazu über, historische Indianer-Persönlichkeiten zu Filmfiguren zu machen. Von Anfang an aber stand der aussichtslose Kampf der Indianer gegen die Weißen im Mittelpunkt.
Eine unglaublich langsame Erzählweise ist den meisten Defa-Filmen eigen. Geld- und Ausstattungsprobleme, allzu europäische Gesichter unter schlecht sitzenden Indianerperücken und eine nicht immer passende Musik sind Dinge, die aus heutiger Sicht so einen Film unfreiwillig komisch machen. Es schrieb zwar schon 1966 ein Kritiker zu "Die Söhne der großen Bärin": "Adlerblicke und Eichenposen dürften doch wohl heute nicht mehr recht am Platze sein ...", dem Erfolg tat das jedoch keinen Abbruch. Und so haben die in doppeltem Wortsinne roten Kraut-Western ihren Platz in der Filmgeschichte verdient.
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