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Die unbarmherzigen Schwestern
Großbritannien 2002, Laufzeit: 119 Min., FSK 12
Regie: Peter Mullan
Darsteller: Geraldine McEwan, Anne-Marie Duff, Nora-Jane Noone, Dorothy Duffy, Eileen Walsh, Mary Murray, Britta Smith, Frances Healy, Eithne McGuinness, Phyllis McMahon, Rebecca Walsh, Eamonn Owens, Chris Simpson, Sean Colgan, Daniel Costello

Erst im Jahr 1996 wurde das letzte der sogenannten Magdalenen-Heime geschlossen, in denen allein in Irland seit dem 19. Jahrhundert rund 30.000 Frauen gegen ihren Willen festgehalten worden waren. Unter Leitung der katholischen Kirche beaufsichtigten "Barmherzige Schwestern" (’sisters if mercy¹) diese meist als Wäschereien betriebenen Anstalten für "gefallene Mädchen", die ohne Lohn, mit strengen Strafen gefügig gehalten, recht- und mittellos zum Teil lebenslange Sklavendienste leisten mussten. Peter Mullan, Regisseur ("Orphans") und Schauspieler ("My Name is Joe"), ist selber irischer Abstammung und war nach Sicht einiger Dokumentationen entsetzt über dieses lange Zeit vertuschte dunkle Kapitel des religiösen Lebens in seinem Land. Er nahm sich mutig der skandalösen Vorgänge an, die erst 1992 mit Patricia Burke Brogans Theaterstück "Eclipsed" ein größeres Medienecho gefunden hatten, und gewann mit seinem Film den Hauptpreis der letztjährigen Filmfestspiele in Venedig. Sofort kam es zu heftigen Protesten des Vatikans. Nach authentischen Geschichten erzählt er die Erlebnisse von vier jungen Frauen, die im Jahr 1964 wegen vermeintlicher moralischer Vergehen in ein Heim bei Dublin eingewiesen werden. Vier kurze Prologe dokumentieren die Fragwürdigkeit des Vorgehens der Eltern und Priester, aber auch die Hilf- und Wehrlosigkeit der Mädchen, die ohne Rücksicht und Gesetz verschleppt und eingeschlossen werden. Die psychisch und physisch ungemein brutale Vorgehensweise der Nonnen, die auf Kosten der arbeitenden Frauen ein einträgliches und fast luxuriöses Leben führen, geben ein haarsträubendes Bild vom Zustand einer heilsversprechenden, verlogenen und vor allem mächtigen Institution, die ­ wie die katholische Kirche - ein ganzes Land beherrscht und die unfassbar willfährigen Menschen einem äußerst rigiden, ja fundamentalistischen Regelsystem unterwirft. Ein Vergleich mit dem frauenfeindlichen Vorgehen unter dem Taliban-Regime erscheint als durchaus angebracht. In Szenen von unglaublicher Eindringlichkeit schildert Peter Mullan das Schicksal dieser Verdammten. Schrecklich die Vorstellung, dass schon die kleinste Initiative eines Verwandten ihr Los beendet hätte. Eines der Mädchen wird tatsächlich irgendwann von ihrem erwachsen gewordenen Bruder abgeholt. Unter den ungläubigen Blicken der Mitbewohnerinnen verlässt sie das Heim, es öffnen sich die sonst verriegelten Türen, und in einem letzten Triumph kniet sie im Gang betend vor der Oberin nieder, sie so zwingend, einen Bogen um sie zu schlagen. Bisher hatte sie demutsvoll zu Seite weichen müssen, um nicht bestraft zu werden. Peter Mullan gelingt es mit ungeheurer Kraft aus einer Vielzahl solch intensiver Momentaufnahmen einen bildmächtigen filmischen Protest gegen diese Form von Ungerechtigkeit und Unterdrückung zu formulieren. Ein Dokument aufrechter Empörung, wie es so beherzt und überzeugend nur ganz selten im Kino zu sehen ist.

(Heinz Holzapfel)

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