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Es begab sich aber zu der Zeit ...
USA 2006, Laufzeit: 100 Min., FSK 6
Regie: Catherine Hardwicke
Darsteller: Keisha Castle-Hughes, Oscar Isaac, Shohreh Aghdashloo, Ciarán Hinds, Alexander Siddig, Hiam Abbass, Shaun Toub, Eriq Ebouaney, Gabrielle Scharnitzky, Ted Rusoff, Matt Patresi, Tim van Rellim

Meine Meinung zu diesem Film

KEIN schlechter Film...
SeBiG (30), 27.05.2008

Oh-oh - anderthalb Jahre nach dem Kinostart noch immer kein einziger Eintrag zu diesem Film?? Muss dann ja ein grandioser Baucklatscher an der Kinokasse gewesen sein. Vielleicht trägt der Umstand auch lediglich der deutschen Verdrossenheit an christlicher Religon Rechnung - kann das sein nach dem Wahnsinns-Katholikentag hier in Köln?

Vielleicht dachte sich der geschätzte Kino-Besucher auch einfach: Was kann man schon von der x'ten Neuverfilmung der Weihnachtsgeschichte erwarten?

Offenbar mehr, als Pappa Ratzinger lieb war, der den Streifen "not amused" boykottiert hat, weil Keisha Castle-Hughes (in ihrer ersten Hauptrolle wieder seit Whale Rider) zu den Dreharbeiten in einem Zustand angetreten war, der gemäss der Auffassung des Kirchenprälaten alles andere als "angemessen unbefleckt" war - sie war de facto schwanger! (Grund genug für mich, mir zu sagen: Also DAS sehe ich mir an! >;-)

Mit ähnlich versessener Nähe zum Objekt platziert Regisseurin Catherine Hardwicke die Geschichte von Maria und Josef in ein Szenarium, das vor historischer Detailfreudigkeit strotzt: Wir sehen verblüffend viele Einzelheiten aus dem Leben der Reichsten und Ärmsten Bewohner des Landes Judäa, das die römischen Eindringlinge erbarmungslos im Griff haben. Als machthungriger König Herodes brilliert Ciarán Hinds, der sich mit der neuen Oberherrschaft abgefunden hat - solange er nur weiter als oberster Aristokrat aus dem vollen Schöpfen kann, ist es ihm gleich, daß seine Untertanen das Doppelte an Steuern, was sie an ihn abgeben müssen, nun auch noch für den römischen Kaiser aufbringen müssen (der Mann spielt so überzeugend böse, daß ich ihn zunächst sogar für Donald Sutherland gehalten habe ;-). Beeindruckend inszeniert auch der Tempel in Jerusalem, in dessen Zeremonien und Allerheiligstes der Zuschauer ungewohnte Einblicke erhält.

"The Nativity Story" hält die Markierungspfeiler der biblischen Geschichte ein, von der Erscheinung des Engels, der Maria verkündet, daß sie der Welt den Erlöser gebären soll bis zum Kindermord in Bethlehem - dazwischen ist es die Geschichte von Maria und Josef; zwei ganz normalen Menschen der so sorgfältig inszenierten Zeit, die sich die gleichen Fragen stellen wie jeder, der über die Jungferngeburt zum ersten Mal als "Erwachsener" nachdenkt ("Ja, klaaaar!") und mit den entsprechenden sozialen Problemen untereinander wie auch in der Gesellschaft ihrer Zeitgenossen konfrontiert sind ("Das könnt ihr eurer Großmutter erzählen!"). Kraft können sie lediglich aus der Erkenntnis ziehen, dass einige wenige Auserwählte ihre Vision teilen. Und aus dem Wissen, daß die Menschen ihrer Zeit (fast so wie in unserer) einen Erlöser dringend nötig haben.

Der Film lebt ganz gewaltig von diesem Spannungsbogen zwischen Märchen des christlichen Ursprungsmythos und historischer bis historisierender Detailverliebtheit - so zum Beispiel auch in dem Moment, als Josef, als Maria's "Zustand" offenkundig wird, sich vor die Frage gestellt hat, ob er das Mädchen, in das er sich verliebt und dessen Hand ihm ihr Vater (natürlich, ohne groß nach ihrer Meinung zu fragen) versprochen hat, gemäss dem alten Brauch nun steinigen lassen soll oder nicht. Natürlich muss er sich entsprechend dem göttlichen Plan dagegen entscheiden, aber den inneren Kampf, den einen Mann das zu dieser Zeit gekostet hat, bringt Darsteller Oscar Isaac ebenso glaubwürdig auf die Leinwand wie Keisha Castle-Hughes die Unsicherheit, die ihre "göttliche Mission" ihr abverlangt.

Die Reise nach Bethlehem wird für das "zwangsverheiratete" Paar zum Selbstentdeckungstrip: Erstmals unbeobachtet von ihren Familien können sie sich auch über ihre Ängste austauschen, was das noch ungeborene Leben in Maria betrifft. Was kann dabei (im wahrsten Sinne des Wortes) "herauskommen", wenn der Vater des Kindes ein Unbekannter ist?

Gegen Ende muss das Ganze zwangsläufig kitschig werden, wenn im Stall Ochse und Esel warten und das Licht einer Konjunktion aus drei Sternen sich zu einem göttlichen Zeigefinger vereint, der jedem, der sich in bitterkalter Nacht noch in einem so armseligen Nest wie Bethlehem herumtreibt, überdeutlich zeigt, daß hier grad der Welt der Erlöser geboren wird - denn schließlich sollen und müssen auch die echten Christen "ins Boot geholt" werden - und von hier an lässt sich die so sorgfältig gewahrte Differenzierung zwischen Herz und Verstand, zwischen Mythos und Realität leider nicht mehr so ganz aufrecht erhalten.

Dafür entschädigen ein wenig drei sympathisch gespielte heilige (und quengelige) Könige, die beim Anblick des Kindes in der Krippe Gesichter machen, als wüssten sie selber nicht, ob sie nun wirklich Zeuge eines großen Wunders werden (MÜSSEN sie ja schließlich, oder? So überdeutlich wie Gottes Lichtfinger ihnen zeigt, wo der Hammer hängt!) oder ob sie eigentlich noch ganz dicht sind, ihre fetten Weihegaben (Gold, Weihrauch und Myrrhe) ausgerechnet hier, in diesem Drecksloch abzustellen... ;-)

In ihren besten Momenten kolportiert Hardwickes "Es begab sich..." einen Geist, der in diesen Tagen insbes. im katholischen Christentum dringend gebraucht wird: Die alljährlich zum 4.ten Advent immer gleich heruntergeleierte "Nativity Story" nicht nur getreulich nachbeten, sondern auch kritisch hinterfragen. Sich hinter aller religiösen Fassade nicht nur dem göttlichen, sondern auch dem menschlichen wieder etwas mehr anzunähren, das zeigt der Film sehr schön: Die Akteure im Drama der Geburt Christi sind keine seelenlosen Automaten, die stur darauf fixiert sind, Gottes Plan auszuführen, sondern echte Menschen mit Schwächen, Fehlern und Unsicherheiten.

Vielleicht einer der gewichtigsten Gründe für Herrn Ratzinger, auch nach 2000 Jahren christlichem Gesellschaftsterror (mit den Highlights Inquisition und Kreuzzügen) diesen Film zu schneiden. Mit- bzw. Querdenker sind halt zu allen Zeiten in Führungskreisen unbeliebt.

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Bitte UNBEDINGT im englischen Original anschauen, die deutsche Synchronfassung bleibt wie gewohnt in diesen Tagen hinter den Standards besserer Zeiten zurück.

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