Frenzy
England 1971, Laufzeit: 116 Min., FSK 16
Regie: Alfred Hitchcock
Darsteller: Jon Finch, Barry Foster, Barbara Leigh-Hunt, Anna Massey, Alec McCowen
Mord mit einfachem Windsor
Matt513 (266), 13.06.2013
Mal angenommen, man wüßte nicht, wer Regie geführt hat, würde man nach Ansicht des Films drauf kommen? Man wäre zumindest lange Zeit im unklaren gewesen.
Frenzy kommt zunächst wie ein Groschenroman in Bildern daher. Kein Vergleich zur Eleganz früherer Filme. Es sind die frühen 70er, es ist London, es ist der Schmuddel der Pubs, Fernfahrertreffs und Einzimmerappartements, der Lärm und Staub des Covent Garden, als er noch Markthalle war. Es ist ein gefallener, vulgärer Antiheld und seine halbseidenen Buddies. Es sind gemeine Morde an Frauen.
In seinem früheren Werk waren die üblichen stilistischen Elemente dezenter, ambivalenter verpackt. Hier nun trägt der Altmeister mit dicken Strichen auf; es fließt der Schweiß, geht rasch der Atem und blitzt die Brust, was nur wenigen bedeutenden Regisseuren möglich war, ohne dafür in den gesellschaftlichen Abgrund gestürzt zu werden. Neben seinem unangreifbaren Nimbus dürfte der heraufziehende Zeitgeist ein übriges getan haben.
Zu Hitchcocks Repertoire gehörten diese eindringlichen Augenblicke, in denen er es mit einfachen Mitteln verstand, die Atmosphäre zu kippen. Man muß lange warten, dann ist der Moment da. Die lange stille Kamerafahrt rückwärts, die das geschäftige Treiben rund um den nahen Markt jäh unterbricht und den Zuschauer für den noch folgenden Rest des Films sensibilisiert. Ebenso typisch darin für Hitchcock - die Abneigung gegen den Dreh 'on location' (ein geschickter Schnitt kaschiert den Übergang vom Studioset) sowie die Treppe; oft steigen seine Charaktere von der realen, vertrauten Umgebung unten einer lauernden Gefahr oben entgegen.
Spätestens ab da gibt es keine Mißverständnisse mehr, wer die künstlerische Leitung innehat. Der Film nimmt nun vollends Fahrt auf sowie das Herzschlagfinale ins Visier, bei dem es wie so oft das richtige Timing braucht, damit am Schluß jeder das bekommt, was er verdient.
Sein bestes Alterwerk
Kinokeule (541), 19.08.2005
Im Spätwerk von Hitchcock finden sich viele, nun ja, etwas schwächere Filme, wie z.B. Topaz, Familiengrab, Marnie und der zerrissene Vorhang. ?Frenzy? aus dem Jahr 1971 ist hingegen noch mal gelungen und kam bei Publikum und Presse gut an. Hitchcock wurde eben zu der Zeit auch von den französischen Autorenfilmern wieder entdeckt.
Wir wissen hier recht schnell, wer der Mörder ist. Der Film hat einige makabere Szenen und bezieht die Spannung neben der bekannten Flucht eines Unschuldigen auch aus den sehe brutalen Vergewaltigungen und Frauenmorden. Hitchcock gönnte sich hier ein paar Blicke auf unbedeckte Busen und leider auch peinliche Altherrenwitze. War das der heimliche Grund, warum er wieder in England und nicht im puritanischen Amerika drehte? Wer bedenkt, wie verklemmt Hitchcock war und welche besondere Beziehung er zwischen Sex und Essen hergestellt hat, der kann in Frenzy einiges entdecken. Nicht nur die Kartoffelszene und das essen des Kommissars seien hier genannt. Hitchcock gelangen einige superbe Einstellungen und auch mit den unbekannten Schauspielern hatte er viel Glück (4 Sterne).
MUSS
picco (85), 19.03.2003
...für alle, die ein schweissbad lieben!
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Die schwierige Situation in Venezuela
„Das Land der verlorenen Kinder“ im Filmhaus – Foyer 06/24
Sternenkriege und Weißer Terror
Volles Sommerkinoprogramm – Vorspann 06/24