Habemus Papam - Ein Papst büxt aus
I, F 2011, Laufzeit: 110 Min., FSK 0
Regie: Nanni Moretti
Darsteller: Michel Piccoli, Nanni Moretti, Margherita Buy, Jerzy Stuhr, Renato Scarpa
>> www.habemuspapam-derfilm.de/
Vatikan-Komödie
Mensch sein
„Habemus Papam – Ein Papst büxt aus“ von Nanni Moretti
Der Papst ist tot – es lebe der Papst: Habemus Papam! Nun, nicht ganz. Denn der frisch gekürte Papst, vormals Kardinal Melville (Michel Piccoli), sieht sich außerstande, das Amt zu bekleiden. Er bricht stattdessen zusammen, ruft verzweifelt „Helft mir, ich schaffe das nicht“ und haut ab. Während der vatikanische Sicherheitsdienst den Eklat und die Beteiligten phantasievoll von der Außenwelt abzuschirmen versucht, findet Melville auf einem Irrweg in Zivil weltliche Erleuchtung in Rom. Dort, wo er eigentlich hingehört, macht sich derweil gedämpfte Panik breit, die Kardinäle bekommen Hausarrest, ein Therapeut (Regisseur Nanni Moretti) wird engagiert, aber der ist Darwinist.
Das birgt genug Stoff für eine nette Komödie, und „Habemus Papam“ ist eine nette Komödie. Schelmisch, schmunzelnd, heiter. Nanni Moretti inszenierte eine unterhaltsame Abhandlung über die Last des Amtes. Natürlich wird die Last romantisch überhöht und jeglicher Gefallen an der Machtposition ausgeblendet. Doch dem Regisseur geht es vor allem um das Menschliche. Moretti macht den Papst zum Menschen. Und nicht nur den. Die Kardinäle sind so liebreizend spitzbübisch und schrullig gezeichnet wie Schneewittchens Zwerge. Wenn sie sich zu Beginn von der Außenwelt abgeschottet im Konklave versammeln und nervös der Auszählung zum nächsten Papst beiwohnen, wimmert ein jeder von ihnen: „Nicht ich, Herr, bitte nicht ich …“ Dieser Moment ist dann auch einer der starken Augenblicke dieses Films. Man ist versucht, Parallelen zu anderen irdischen Staatsoberhäuptern zu ziehen, allen voran zu Insolvenz-Politikern wie Papandreou oder Berlusconi. Politiker, die mitten in der Krise erstaunlich häufig die Vertrauensfrage durchbekommen. Denen einige Gefolgsleute vielleicht deshalb so lange wie möglich folgen, nur um nicht selbst auf dem Thron sitzen zu müssen. Parteigenossen, die die Verfehlungen des Vorsitzenden und seiner Vorgänger ungern ausbaden möchten. Und ein neuer Papst hat momentan einiges auszubaden. Solche Gedanken aber sprengen den Rahmen dieses Films.
Moretti liefert keine Satire, sondern ein Lustspiel. Das entspricht sicherlich nicht der Erwartungshaltung an eine zeitgenössische Vatikan-Komödie, hat aber auch seine Rechtfertigung. Es mag verklärt erscheinen, den Papst in kritischen Zeiten wie diesen auf einen liebenswerten, bescheidenen Menschen zu reduzieren. Aber Morettis Idee an sich ist sympathisch, und er geht seine Idee inspiriert an. Die Kardinäle vertreiben sich die Zeit mit Puzzeln, schmauchen Zigaretten und spielen Volleyball. Und das religiöse Oberhaupt begibt sich, befallen von anhaltender Schwere, auf eine Reise ins Leben und findet Zuflucht in der realen Welt. Hinter solchen Einfällen verbirgt sich viel philosophisches Potential. Nicht zuletzt die Tatsache, dass Moretti sich selber als atheistischen Psychologen besetzt, ist ein klares Bekenntnis.
(Hartmut Ernst)
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