Horizon
USA 2024, Laufzeit: 181 Min., FSK 12
Regie: Kevin Costner
Darsteller: Kevin Costner, Sienna Miller, Sam Worthington
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Epischer Western zwischen Nostalgie und Wahrheit
Im Wilden Westen war der Teufel los
„Horizon“ von Kevin Costner
Seit Beginn der Filmgeschichte hat sich Hollywoods ureigenstes Genre – der Western – immer wieder neu erfunden, sich gesellschaftlichen Veränderungen und neuen Filmtechniken angepasst. Selbst dem in den 1960er Jahren übermächtigen Italo-Western bot er die Stirn, integrierte ihn mit dem von Sergio Leone 1968 inszenierten Blockbuster „Spiel mir das Lied vom Tod“ sogar in seine Mythen-Landschaft. Doch dann, als Michael Camino 1980 mit seinem lange verkannten Meisterwerk „Heaven's Gate“ einen Millionenflop landete, der sogar die Produktionsfirma in den Ruin trieb, schien die Zeit des Westerns vorbei.
Es sollte zehn Jahre dauern, bis Kevin Costner mit seinem zweifach ausgezeichneten Oscar-Preisträger „Der mit dem Wolf tanzt“ (Bester Film, Beste Regie) den Western, zumindest kurzzeitig, rehabilitierte. Nun erfüllt er sich mit dem vierteiligen Epos „Horizon“ einen Traum, der ambitionierter nicht sein kann: DEN Western der Filmgeschichte zu erschaffen. Deshalb hat er nicht nur Regie und Hauptrolle übernommen, sondern auch am Drehbuch mitgeschrieben und als Produzent sein Privatvermögen in das ehrgeizige Projekt gesteckt.
Es beginnt mit einem dramaturgischen Schlag in die Magengrube: Während im Amerika des Jahres 1860 der Bürgerkrieg tobt, geht die Kolonisierung des Landes durch die weißen Pioniere unvermindert weiter. Irgendwo an einer Flussbiegung im Wilden Westen wollen die Siedler die Stadt Horizon gründen, doch sie haben die Rechnung ohne die indigene Bevölkerung gemacht. Die Apachen richten unter den Möchtegern-Eroberern ein Massaker an, dem nur wenige entkommen und im nahe gelegenen Armee-Fort Zuflucht finden. Unter ihnen Frances Kittredge (Sienna Miller) mit ihrer kleinen Tochter, die bei dem Überfall den Rest ihrer Familie verloren hat. Doch die Unvernunft siegt und man startet, trotz der Warnungen des Militärs, einen neuen Versuch, Horizon aufzubauen. Neben Horizon und dem Fort ist – abgesehen von einigen Nebenschauplätzen – die Bergbaustadt Watts Parish der dritte Haupthandlungsort der etwas verwirrenden Handlung mit ihren vielen Charakteren, die sich hier in der ersten Folge der Saga erst anfangen zu entwickeln. Trotzdem verwundert es etwas, dass der Star des Films, Kevin Costner, erst nach knapp einer Stunde als Goldsucher Hayes Ellison auf der Leinwand erscheint. Als der sich mit der Prostituierten Marigold (Abbey Lee) die Zeit vertreibt, wird er in einen Fall um ein von ihr „gestohlenes“ Kind hereingezogen, der die Drei wider Willen zusammenschweißt und fliehen lässt …
In dieser Episode baut Costners Inszenierung durch seine präzise Schauspielerführung mehr Spannung auf, als in den – für ein Familienpublikum – doch etwas zu brutal geratenen Action-Szenen. Andererseits verfängt er sich nie im rassistischen Netz der traditionellen Western-Klischees. Costner zeichnet die Indigenen und (chinesischen) Einwanderer mit Empathie, während es die weißen Siedler sind, die die Apachen skalpieren und Frauen und Kinder massakrieren. Während diese verstörenden Bilder aufrütteln und einen (vermutlich unbeabsichtigten) Blick auf die Gegenwart öffnen, gestattet der opulente Bilderrausch von Kameramann James Muro über Berge und Prärie auch einen nostalgischen Blick in die Vergangenheit und auf ein Genre, das – oft totgesagt – immer noch lebt!
(Rolf-Ruediger Hamacher)
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