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I love you Phillip Morris
USA 2009, Laufzeit: 96 Min., FSK 16
Regie: Glenn Ficarra, John Requa
Darsteller: Jim Carrey, Ewan McGregor, Leslie Mann

Ein Hochstapler setzt alles in Bewegung, um seinem Geliebten nah zu sein. Der Ehrgeiz überwindet dabei selbst Gefängnismauern.

Am Anfang steht der Blick zurück: Gewitzt montiert und ironisch kommentiert wirft der Film einen Blick auf die Kindheit des Adoptivsohns Steven Russell. Der mausert sich in seiner gottesfürchtigen Gemeinde zum biederen Ehemann und Vater, verdient seinen Lebensunterhalt als Polizist und Geschäftsmann und singt im Kirchenchor. Bis Steven (Jim Carrey) nach einem Unfall erkennt, dass er schwul ist. Ohne Rücksicht auf Verluste lässt er sein angepasstes Leben hinter sich, zieht von Texas nach Florida und genießt das Leben. Dabei lebt Steven schnell über seine Verhältnisse und wird von einer weiteren Erkenntnis befallen: Er entpuppt sich als talentierter Hochstapler. Als ihm die Polizei auf die Schliche kommt, landet der Gauner im Gefängnis. Dort verliebt er sich in Phillip Morris (Ewan McGregor), einen vergleichsweise temperamentlosen Knastgenossen. Äußerst geschickt setzt er alles daran, dem Geliebten so nah wie möglich zu sein. Das Schicksal aber spielt den beiden noch mancherlei Streiche, denen Steven sich mit Fantasie und Tücke zu erwehren sucht. Seine Kreativität erwächst dabei ins Unermessliche.

Das Regie-Team Glenn Ficarra und John Requa erzählt eine tragikomische Lovestory, in der die Liebe keine Grenzen kennt. So aberwitzig die Angelegenheit zum Ende hin wird – die Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten. Begebenheiten, die beileibe nicht nur komisch sind. So pfiffig sich der echte Steven Russell durchs Leben schlug, so immens wuchs seine Selbstüberschätzung und desto mehr schwand sein Realitätsbezug. Das Versteckspiel nimmt schließlich auch im Film Überhand und macht aus einem smarten Scherzbold einen notorischen Lügner, der nicht nur sein spießiges Umfeld, Richter und Gefängniswächter in den Wahnsinn treibt, sondern auch Phillip Morris und am Ende beinahe sich selbst. Selbst der Kinozuschauer weiß irgendwann nicht mehr, was er glauben soll. So erwächst aus der anfänglichen Komödie das Selbstfindungsdrama eines krankhaften Hochstaplers, der beginnt, seine Identität zu verlieren.

Während sich Ewan McGregor seiner Rolle entsprechend zurücknimmt, versucht Comedy-Urgestein Jim Carrey weitestgehend erfolgreich, den frechen Scherzbold und den tragischen Helden in sich zu vereinen. Die Inszenierung vermag derweil nicht immer zwischen Klamauk und Drama zu differenzieren und gerät dramaturgisch gelegentlich ins Schleudern. Die Realität macht es dem Film aber auch nicht leicht: Stevens Tricks und Vortäuschungen werden schließlich so absurd, dass jeder vernünftige Mensch am Realitätsgehalt des Spielfilms zu zweifeln beginnt. Spätestens wenn man am Ende erfährt, wie gnadenlos in Texas unter der Bush-Regierung über Russell gerichtet wurde, wird man auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, und das Lachen bleibt einem im Halse stecken. Und man wünscht sich, die Story wäre reine Fiktion.

(Carla Schmidt)

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