Killers of the Flower Moon
USA 2023, Laufzeit: 206 Min., FSK 12
Regie: Martin Scorsese
Darsteller: Leonardo DiCaprio, Robert De Niro, Jesse Plemons
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Historisches Thrillerdrama
Bussarde
„Killers of the Flower Moon“ von Martin Scorsese
Oklahoma im Jahr 1870: Die von ihrem Grund und Boden vertriebenen Indianer:innen vom Stamm der Osage bekommen ein neues Siedlungsgebiet zugesprochen, das heutige Osage County. 1897 wird dort Erdöl entdeckt, der steigende Preis beschert den Osage bis Mitte der 1920er Jahre immensen Reichtum. Das schmeckt der weißen Bevölkerung nicht. Mit juristischen Finten werden viele Osage entmündigt, entrechtet, beraubt. Noch skrupelloser geht der einflussreiche Viehzüchter William Hale (Robert De Niro) vor: Sein Neffe Ernest Burkhart (Leonardo DiCaprio) heiratet auf Hales Arrangement hin die Vollblut-Osage Mollie Kyle (Lily Gladstone), die später das kostbare Vermögen ihrer Mutter erben wird – und Ernest ihres, wenn sie das nicht überleben sollte. Allerdings stehen da noch Mollies Schwestern und der Schwager im Weg. Schon bald wird die Region von Morden überzogen. Lange Zeit werden keine Ermittlungen angestrengt. Bis eines Tages das frisch gegründete Bureau of Investigation an die Tür klopft.
Martin Scorsese arbeitet ein erschütterndes historisches Ereignis für die große Leinwand auf. Mit einem epischen, knapp dreieinhalbstündigen Drama. Ein Meisterwerk, das jede Minute rechtfertigt. Das schmerzt, wenn es das Unrecht abbildet, das den Osage widerfährt. Das zermürbt, wenn es die Seele der weißen Siedler:innen auffächert, die sich hier, korrumpiert und zu lange unbeobachtet von höherer Instanz, geradezu anarchistisch verbünden gegen das indigene Volk. Ein weißes Bollwerk im Willkürmodus, im schweigenden Einverständnis verschworen gegen die Ureinwohner.
„Würdest du jemanden für mich umbringen?“ „So etwas mach ich nicht.“ „Es geht um einen Indianer.“ „OK.“
Die repräsentative Haltung hinter diesem Dialog, die blinde Menschenverachtung zieht sich kollektiv durch das Selbstverständnis weißer Bürger:innen in Osage County in den 1920ern – und hat Bestand auf dieser Erde bis ins Hier und Heute. Lug, Trug, Verachtung. Wenn Hale seinem Neffen zu Beginn ein Sachbuch über die Osage reicht, dann dient die Lektüre keineswegs empathischer Annäherung, sondern folgt lediglich einer einzigen Prämisse: Kenne deine Opfer!
Martin Scorsese kennt die Opfer, und bei all dem Unrecht und dem Leid, die sich hier vermitteln, ist der Film zugleich ein Fest: Scorsese, mittlerweile 80, schöpft aus der Erfahrung eines über die Jahrzehnte gewachsenen Cineasten, Erzählers und Dirigenten. Ein Meister. Souverän und unaufgeregt bannt er uns, zeigt sich verspielt in der Form seines Mediums, ist intensiv in Dialog und Spannungsgestaltung. „Ich wollte schon immer einen Western machen“, sagt der Filmemacher. „Diese Filme haben mich als Filmemacher genährt, aber sie haben mich auch dazu inspiriert, tiefer in die wirkliche Geschichte einzutauchen." Scorsese sitzt ganz fest im Sattel. Erhaben, demütig und würdevoll.
Robert De Niro hatte bisher auf seine alten Tage kaum Möglichkeiten gesucht, sein Potenzial auszuspielen, füllte zuletzt vornehmlich routiniert komische Rollen. Scorsese sei Dank erleben wir ihn hier noch einmal im Charakterfach, als gerissenen, scheinheiligen, kaltherzigen Herrscher einer Region, die im Öl schwimmt: William Hale, König von Osage County.
Ebenso beeindruckend, aber gänzlich anders Leonardo DiCaprio: Ernest Burkhart ist keine helle Leuchte, und nein, er hat auch nicht trotzdem das Herz am rechten Fleck. Weak in character: Mit malmendem, heruntergezogenem Mundwinkel und kratziger Stimme verkörpert DiCarpio einen Verlierer, der zu sehr Täter ist, um als Opfer durchzugehen. An seiner Seite Lily Gladstone, die den Schmerz eines Volkes in ihrer Performance vereint.
Unbedingt zu erwähnen sei noch Robbie Robertson, Mitglied von Bob Dylans Begleitcombo „The Band“ in den 60er und 70er Jahren, der das Drama atmosphärisch mit kernigem Rock auflädt. Robertson starb kurz vor Filmstart am 9. August 2023.
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