Louise Hires A Contract Killer
F 2008, Laufzeit: 94 Min., FSK 16
Regie: Gustave de Kervern, Benoît Delépine
Darsteller: Yolande Moreau, Bouli Lanners, Benoît Poelvoorde, Albert Dupontel, Joseph Dahan, Mathieu Kassovitz, Agnes Aubé, Kafka
Mit der Abfindung wollen die entlassenen Frauen einer Textilfabrik einen Auftragskiller anheuern: Der soll den Chef umlegen.
Der englischsprachige deutsche Verleihtitel des französischen Films will natürlich die Kaurismäki-Fans ins Kino locken. Das ist plump, aber verständlich, gibt es doch einige Parallelen zwischen Kaurismäkis „I hired a contract Killer“ und „Louise-Michel“, so der Originaltitel des neuen Films von Benoit Deléphine und Gustave Kervern. In beiden Filmen verlieren die Protagonisten am Anfang ihren Job und ziehen daraus radikale Konsequenzen. Die Stoßrichtung könnte allerdings nicht unterschiedlicher sein: Während Kaurismäkis Anti-Held einen Auftragskiller anheuert, damit der seinem trostlosen Leben ein Ende bereitet, will Louise einen Auftragskiller dafür bezahlen, den Boss, der sie feuerte, umzulegen. Wenn man kurz drüber nachdenkt, ist das sicher die bessere Lösung.
Nach sehr, sehr kurzem Nachdenken sehen das auch die Kolleginnen von Louise so. Sie hatten gerade überlegt, was man gemeinsam mit der Abfindung anstellen kann, als die grobe Louise den Auftragsmord vorschlägt. Ein Stirnrunzeln später sind alle einverstanden. Kurzerhand wird Michel angeheuert, weil dem im Vorbeigehen zufällig eine Pistole aus der Jackentasche fällt. Der einfältige Loser kann aber eigentlich keiner Fliege was zuleide tun. Nicht nur moralisch, sondern auch technisch ist er dem Auftrag nicht gewachsen. Also fragt er lieber ein paar Todkranke, die nichts mehr zu verlieren haben, ob sie nicht Lust haben, vor ihrem Tod noch einen Chef zu töten. Klar haben sie Lust.
Dass Deléphine und Kervern ein Faible für bitterböse Sozialsatiren haben, bewiesen sie bereits mit ihren ersten beiden Filmen „Aaltra“ und „Avida“. Ihr Humor ist jenseits eines heiteren Lachens und löst nur noch ein fassungsloses 'pfffffff' aus. Den unerbittlichen Weg ihrer debilen Protagonisten gehen sie konsequent und biegen nicht kurz vorher in versöhnlichere Gefilde ab. Da ist es nur recht und billig, dass der Originaltitel „Louise-Michel“ nicht nur die beiden Namen der Hauptfiguren zitiert, sondern zugleich auf die bekannte französische Anarchistin Louise Michel anspielt, die in der Pariser Kommune von 1971 eine tragende Rolle hatte und später in der Verbannung eine der ersten antikolonialen Bewegungen unterstützt hat. Das alles geht im deutschen Verleihtitel leider verloren, doch am Schluss zitiert der Film ein amüsantes Gedicht von Michel: „Am Ende sind wir klüger / und wissen, Reiche sind Betrüger / Vater und Mutter haben versagt / und sie nicht zum Teufel gejagt / Doch wenn wir groß sind später / machen wir sie zu Hackepeter“. Ungefähr so funktioniert der Film.
(Christian Meyer)
Kino als Empathie-Maschine
Warum wir Kino in Zukunft mehr brauchen denn je – Vorspann 01/25
Stark durch Solidarität
„Billige Hände“ im Filmhaus – Foyer 12/24
Übers Ankommen in Deutschland
„Zwischen Sein und Nichtsein“ von Leocadie Uyisenga – Film 12/24
Toleranz zum Jahresende
Mit Kino zu mehr Empathie finden – Vorspann 12/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24