Nicht dran denken
Italien 2007, Laufzeit: 105 Min., FSK 0
Regie: Gianni Zanasi
Darsteller: Valerio Mastandrea, Anita Caprioli, Dino Abbrescia, Giuseppe Battiston, Paolo Briguglia, Caterina Murino, Luciano Scarpa
Wenn alles schief geht, bietet der Schoß der Familie Schutz. Das denkt auch der mäßig erfolgreiche Punk-Musiker Stefano. Doch dabei kommt er vom Regen in die Traufe.
Das Leben ist eine Verdi-Oper voller heroischer Dramatik. Zumindest, wenn es in Italien abgeht. Vielleicht ist das Leben aber auch chaotischer, rebellischer Punkrock. Jedenfalls spielen diese beiden Musikrichtungen eine wichtige Rolle im italienischen Film „Nicht dran denken“.
Denn das Leben Stefanos, einst ein viel versprechender Klassik-Pianist, schwankt zwischen Oper und Punk, zwischen Tragik und Komik, Anpassung und Rebellion. Es läuft nicht gut für ihn. Sein Punk-Konzert geht gründlich und peinlich daneben. Seine Freundin schläft mit einem anderen – ausgerechnet von der Konkurrenzband. Der Traum von einer CD platzt. Keine zufriedenstellende Bilanz für die vergangenen Jahre und erst recht keine guten Zukunftsaussichten für einen 36Jährigen. Also beschließt er die Rückkehr aus der Großstadt Rom in die Provinz, zurück nach Rimini, zurück in den Schoß der Familie. Eine Runde Trost kann nach langer Abwesenheit nicht schaden. Papa und Mama, Schwester und Bruder empfangen ihn wie den verlorenen Sohn. Doch Friede, Freude, Eierkuchen trügen, das traute Familienglück existiert nur in seiner Erinnerung, hinter der gutbürgerlichen Fassade sieht es anders aus. Schwester Michaela hat inzwischen ihr Studium aufgegeben und arbeitet in einem Delfinarium. Die Mutter sucht ihr Lebensglück bei einem Guru. Der Vater hat sich nach einem Herzanfall aus dem Geschäft zurückgezogen und spielt Golf. Die Ehe von Bruder Alberto besteht nur noch auf dem Papier, und die Kirschkonservenfabrik, die er von seinem Vater übernommen hat, steht kurz vor der Pleite. Widerwillig begibt sich Stefano (sympathisch gespielt von Valerio Mastandrea mit einem Hauch abgeklärtem spätpubertärem Weltschmerz) in die Rolle des Retters. Dabei stehen ihm die Arroganz des Großstädters, das Alles-Besser-Wissen des Nestflüchters, die Sucht nach Freiheit und der zwanghafte Nonkonformismus mehr als einmal im Weg. Oft genug erreicht er dadurch das Gegenteil von dem, was er will. Der Zusammenprall zwischen ihm und der Welt der Banken, der Gewerkschaften und der Politik entbehrt nicht der Komik, ohne dass platte Klischees bedient werden. Stefano findet seinen Kompromiss zwischen Anpassung und Auflehnung und kehrt nach Rom zurück. Ob die Erkenntnis von Dauer ist, bleibt offen.
„Nicht dran denken“ ist ein vergnüglicher Spaß, unterhaltsam, witzig und flott inszeniert, nur gelegentlich etwas betulich. Geschichten und Charaktere der Personen sind stimmig, überzeugend die Schauspieler, hierzulande zu Unrecht eher unbekannt. Die Geschichte hat überraschende Wendungen, viele Slapstick-Szenen und wartet am Ende noch mit der Enthüllung eines Familiengeheimnisses auf.
(Jürgen Schön)
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