On the Edge
USA 2000, Laufzeit: 86 Min., FSK 12
Regie: John Carney
Darsteller: Cillian Murphy, Tricia Vessey, Jonathan Jackson, Stephen Rea, Paul Hickey, Gerard McSorley, Camille O'Sullivan, Mary Murray, Gavin Coleman, Marcella Plunkett, Tomas O'Suilleabhain, Gerard McSorley
Nach dem Tod seines Vaters zeigt sich der 19jährige Jonathan orientierungslos und verstört, reagiert zunehmend unkontrolliert und wütend. Als er sich eines Abends vor einer Disco ein Auto für eine Spritztour schnappt, sie mit einem Sturz von einer Klippe "Quadrophenia"-getreu abschließt, aber unverletzt überlebt, folgt ein Aufenthalt in der geschlossenen Psychiatrie. Als überheblich-cooler Macker beginnt er die Therapiesitzungen mit anderen suizidgefährdeten Jugendlichen, erkennt aber bald, dass diese ihm näher sind als jene 'da draußen'. Mit dem sensiblen, dichtenden Toby entspinnt sich eine vorsichtige Freundschaft mit kleinen nächtlichen Fluchten, mit der selbstzerstörerisch veranlagten Rachel eine Liebesgeschichte, die Jonathan schließlich in die Verantwortung zwingt. "On the Edge" basiert auf einer autobiographisch gefärbten Geschichte von Daniel James, der eine Zeit in Bristol zugrunde liegt, als die Clifton-Bridge dort eine Attraktion für den Freitod suchende Jugendliche war. "The Smiling Suicide Club" hat John Carneys erster Film in Alleinregie eigentlich heißen sollen und hätte damit ganz treffend auf jenen britischen Humor verwiesen, der sich vorwiegend in Jonathans ironisch-distanziertem, schwarzhumorigem Off-Kommentar äußert, ohne den Film gleich zur Komödie zu stempeln. In Irland gedreht kommt "On the Edge" dennoch ohne das inzwischen überstrapazierte Klischee von irischer Pub-Fidelität inmitten grüner Hügel aus. Mit Cillian Murphy ("Disco Pigs") als auch mimisch ausdruckstarkem Hauptdarsteller setzt Carney hautnah auf Emotion. Die Kamera lässt Distanz zu den Figuren nicht zu und transportiert eindringlich die Entfremdung der Jugendlichen von der Welt, ihre Verletzlichkeit und den schmalen Grat zwischen Höhe und Abgrund. "Ich will nicht sterben", weiß Jonathan. Dass er zugleich aber auch nicht unbedingt leben will, ist der Kern seiner Störung, jene tiefgreifende Lustlosigkeit, die längst nicht nur als psychisch krank Diagnostizierte befällt. Wenn auch nicht alle zentralen Figuren wünschenswert tief entwickelt sind, ist "On the Edge" mit seinem verhalten optimistischen Grundton doch ein gelungener, eindringlicher Beitrag zum 'Genre' der Psychiatriefilme.
(Kirsten Dyrda)
Kneecap
Start: 23.1.2025
Der Brutalist
Start: 30.1.2025
Poison – Eine Liebesgeschichte
Start: 30.1.2025
Maria
Start: 6.2.2025
Mutiny in Heaven – Nick Caves frühe Jahre
Start: 6.2.2025
Heldin
Start: 27.2.2025
Like A Complete Unknown
Start: 27.2.2025
Das kostbarste aller Güter
Start: 6.3.2025
Flow
Start: 6.3.2025
Köln 75
Start: 13.3.2025
Das Licht
Start: 20.3.2025
The End
Start: 27.3.2025
Kino als Empathie-Maschine
Warum wir Kino in Zukunft mehr brauchen denn je – Vorspann 01/25
Stark durch Solidarität
„Billige Hände“ im Filmhaus – Foyer 12/24
Übers Ankommen in Deutschland
„Zwischen Sein und Nichtsein“ von Leocadie Uyisenga – Film 12/24
Toleranz zum Jahresende
Mit Kino zu mehr Empathie finden – Vorspann 12/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24