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Schatten der Wahrheit
USA 2000, Laufzeit: 126 Min., FSK 16
Regie: Robert Zemeckis
Darsteller: Harrison Ford, Michelle Pfeiffer, Diana Scarwid, Miranda Otto, James Remar, Joe Morton

n dieser Intensität hat man das schon lange nicht mehr im Kino erlebt. Ein rundes Dutzend wirklich heftiger Horror-Szenen lässt einen aus dem Sessel hochfahren. Gänsehaut und Herzklopfen hatten sich zwar schon vorher reichlich eingestellt, doch der Überraschungseffekt der Schreckmomente überwältigt den hilflosen Zuschauer dann doch aus stets unerwarteter Richtung. Dabei geht es gar nicht so grausig zu in diesem exzellenten Psycho-Trip von Robert Zemeckis ("Forrest Gump"). Hier wird kein primitives, blutiges Spiel mit dem Entsetzen getrieben. Mit äußerster Raffinesse gesteuert schleicht sich die Angst klammheimlich und mit fein dosierten Schritten ins Hirn des Betrachters. Sie kommt von innen. Perfide legt das exzellente Drehbuch (das Debüt des Schauspielers und Theaterregisseurs Clark Gregg) etliche falsche Fährten. Weil man sich nur allzu bereitwillig auf sie einlässt, kommen die späteren Abweichungen vom zunächst angeschlagenen Thema um so überraschender. Claire (Michell Pfeiffer in einer wahnsinnig guten Performance) erlebt zunehmend mysteriöser werdende Dinge im trügerisch idyllisch gelegenen Haus am See. Nach und nach dämmert ihr, dass der zunächst als perfekter Ehemann erscheinende Genwissenschaftler Norman (Harrison Ford spielt hier im Grunde die Nebenrolle) etwas zu verbergen hat. Gerade ist die Tochter ausgezogen, um aufs College zu gehen. Hat Claire Probleme mit ihrer neuen Einsamkeit? Fängt sie schon an, Gespenster zu sehen, als sie zum Beispiel bei ihren Nachbarn einen Mordfall vermutet? Keiner glaubt ihr, wenn sie von übersinnlichen Phänomenen berichtet. Wird sie langsam paranoid? Hat sie Halluzinationen? Immer wieder ist die Badewanne randvoll mit Wasser. Fotorahmen zerspringen. Türen öffnen sich von selbst. Ein böser Geist scheint im Haus zu herrschen. Der Zuschauer ist der bedauernswerten Claire immer einen Schritt voraus, aber nie so weit, dass er wirklich vor Angst und Schrecken geschützt wäre. Das alles gibt reichlich Gelegenheit zu ausgefeilten Schocks. Jedes Mal hofft man, dass es beim nächsten Knaller nicht noch schlimmer kommt. Aber es kommt. Der Film mündet in einem furiosen Finale, bei dem einem vor lauter Spannung der Atem stockt. So überdeutlich hätte es Hitchcock, das Suspense-Genie, sicher nicht gemacht. Der ging zwar, etwa in "Psycho", auch drastisch und mit Schocker-Mitteln vor. Aber meist liebte er es subtiler. Trotzdem ist Zemeckis Werk eine großartige Hommage an den Meister. Nicht nur etliche Anspielungen an seine Werke sind in die Story eingeflossen. Am nächsten kommen der Regisseur und sein hervorragendes Team dem Stil ihres Vorbildes durch die kleinen, fast unmerklichen Tricks der Kameraführung, des Bildausschnitts, der Montage. Die perfekt inszenierten Sequenzen dieses Ausnahme-Thrillers sind wie ein Sog, dem man sich nicht entziehen kann. Das Ganze ist perfektes, intelligentes Spannungskino von der ersten bis zur letzten Sekunde.

(Heinz Holzapfel)

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