Tenet
USA 2020, Laufzeit: 150 Min., FSK 12
Regie: Christopher Nolan
Darsteller: John David Washington, Robert Pattinson, Elizabeth Debicki
Erhabener Sci-Fi-Agententhriller
Vorwärts Rückwärts
„Tenet“ von Christopher Nolan
Seinen Namen erfahren wir nicht, er selbst nennt sich: der Protagonist (John David Washington). Sein Auftrag: die Rettung der Menschheit. Seine Verbündeten: Neil (Robert Pattinson), der ihn tatkräftig unterstützt, dessen Motivation aber seltsam im Unklaren bleibt, und die attraktive Kat (Elizabeth Debicki), die erpresst wird von ihrem Gatten Andrei Sator (Kenneth Brannagh), der sich schon bald als skrupelloser Antagonist entpuppt.
In seinem ersten Agententhriller schickt Christopher Nolan seinen Protagonisten ausufernd spektakulär von Mission zu Mission. Aber das reicht dem Regisseur natürlich nicht. Der Mann hat eine Handschrift, er hat eine Vision – für jeden seiner Filme. Den besonderen Anspruch. An sich selbst und an sein Publikum. Besonders reizt Nolan dabei das Spiel mit den Ebenen. Bei seinem bisherigen Meisterwerk „Inception“ verlor er sich heillos genial in der Wahrnehmung. Am liebsten aber experimentiert er mit der Zeit: in „Memento“, in „Interstellar“, zuletzt in „Dunkirk“ und jetzt in „Tenet“. Noch ein Meisterwerk!
Vertrackter als je zuvor, konfrontiert Nolan seine Spielfiguren diesmal mit einer Erfindung aus der Zukunft, die es ermöglicht, die Chronologie der Dinge umzukehren. Dabei schießen dem Protagonisten invertierte Pistolenkugeln entgegen und er stürzt durch temporäre Zangenbewegungen. Wie gewohnt, wartet Nolan nicht nur mit einer besonderen Idee auf, nein, er spielt die Idee gekonnt aus.
Fürwahr, das alles zu erfassen, ist eine Herausforderung, und man muss zweieinhalb Stunden wach bleiben, um der Logik der Inversion und seiner Spielarten folgen zu können. Aber wach zu bleiben, das fällt nicht schwer: Nolan liefert 150 Minuten Dauerfeuer! Ein raffiniertes, wuchtiges Spektakel, das Komponist Ludwig Göransson („Creed“, „Black Panther“) mit Stakkato-Tempo, Knarz und saftig kühlem Techno atemlos vorantreibt. John David Washington („BlacKkKlansman“) ist eine coole Sau, Robert Pattinson überzeugt nach „Der Leuchtturm“ erneut markant charismatisch. Und im Dialog findet sogar Humor Platz, das ist bei Nolan nicht eben selbstverständlich.
„Tenet“ wird nicht zuletzt als der erste Blockbuster in die Geschichte eingehen, der mitten in der Coronazeit den Schritt auf die Leinwand wagt. Für einen Film dieser Größenordnung, der in gesunden Zeiten zeitgleich die Kinos der Welt bespielt und entsprechende Umsätze generiert, ist das ein ungewöhnlicher Schritt. Andere Produktionen wie diese, vom neuen 007 bis Disneys „Mulan“, haben sich bisher allesamt in die ferne Zukunft oder gar in die ungehörig leinwandferne Streamingdienste verschanzt. „Tenet“ nun wagt den Schritt und startet weltweit, dem Virus entsprechend dynamisch versetzt. Und das ist wichtig. Denn unsere Kinos brauchen auch Filme wie „Tenet“. Damit es noch Kinos gibt, wenn die anderen Großproduktionen dorthin zurückkehren möchten. Und wir? Wir waren durstig, und unser Durst auf derlei Bombast ist mit „Tenet“ fürs erste gestillt. Und falls nicht: Man kann “Tenet“ locker wiederholt auf der großen Leinwand genießen. Aufgrund seiner Schauwerte – und nicht zuletzt zur Vertiefung in seine Komplexität.
(Hartmut Ernst)
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