The Element of Crime
Dänemark 1984, Laufzeit: 104 Min.
Regie: Lars von Trier
Darsteller: Michael Elphick, Me Me Lai, Esmond Knight, Jerold Wells, Preben Lerdorff-Rye, Ahmed El Shenawi, Astrid Henning-Jensen, János Herskó, Stig Larsson, Harry Harper, Roman Moszkowicz
Denk? ich an Europa in der Nacht
juggernaut (162), 31.03.2005
Wenn ich ?The Element of Crime? im Fernsehen eingeschaltet statt im Kino geschaut hätte, wäre er nach spätestens einer halben Stunde zu Ende gewesen. Leicht hat er?s einem wirklich nie gemacht, der Herr von Trier. Auch und gerade hier, bei seinem gefeierten und preisgekrönten Langfilmdebüt von 1984. Freilich, die Optik, die ist schon immer noch interessant und verstörend: In der Farbgebung zwischen gleißendem Gelb und Sepia angesiedelt, wirkt der Film, verstärkt durch Ausstattung und Sets, ungefähr wie eine Mischung aus ?Das Cabinet des Dr. Caligari?, ?M ? Eine Stadt sucht einen Mörder? und ?Touch of Evil?, bei dessen Drehbuch der bekiffte Geist Franz Kafkas den Griffel geführt hat. Wär? man beim Fernsehen ohne Ton zufällig in diesen Film hineingezappt, hätte man aber auch durchaus den Eindruck bekommen können, in eine Wiederholung von ?Formel Eins? aus der Mitte der 80er Jahre geraten zu sein, bei der gerade das Video zu ?Dr. Mabuse? von ?Propaganda? läuft.
Es ist natürlich richtig, dass es wie in der Malerei auch im Film Kunstwerke gibt, bei denen man nicht nach der Bedeutung oder (Handlungs-)Logik fragen, sondern einfach Atmosphäre, Ästhetik und die ? im besten Falle brillante ? formale Stilisierung auf sich wirken lassen sollte. Nur: Dafür wird mir bei von Trier immer noch viel zu viel geredet, und zwar in einer Weise, die zumindest anfangs die Vermutung nahe legt, es könne sich hinter all den scheinbar ziellosen, teilweise um sich selbst kreisenden Dialogen und Monologen irgendein herkömmlicher ?Sinn? verbergen, und sei es auf einer metaphorischen oder symbolischen Ebene. Also stellt sich dann doch die Frage: Um was geht es Lars von Trier eigentlich in ?The Element of Crime?? Irgendwie um Europa, ja, und um Verbrechen und wie man sie wohl am besten aufklärt und wie man dabei wahnsinnig werden kann. Und den Zuschauer langsam, aber sicher auch wahnsinnig machen kann. Was möglicherweise auch beabsichtigt ist.
So sehr man von Trier für seine oft radikalen Bildkompositionen und Bilderstürmereien, für seine herausragenden visuellen Fähigkeiten, die er mehr als einmal nachdrücklich unter Beweis gestellt hat, Hochachtung zollen muss, so sehr würde man sich wünschen, dass er nun nach über zwanzig Jahren Filmschaffen auch mal ein fremdes Drehbuch umsetzt, an dessen Abfassung er nicht beteiligt war. Dann würde man vielleicht erfahren, ob der große Bilderwüterich auch Geschichten erzählen kann, in denen die weiblichen Hauptfiguren nicht möglichst hingebungsvoll leiden und die männlichen Hauptfiguren keinen obskuren Obsessionen von ?Europa? nachjagen müssen. Insofern ist es allerdings nur zu begrüßen, dass er den ?Ring? in Bayreuth nicht inszenieren wird. Denn da gibt es nun wirklich leidende Frauen und durch Europa irrende Männer satt.
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