Und wenn wir alle zusammenziehen?
Frankreich, Deutschland 2011, Laufzeit: 96 Min., FSK 6
Regie: Stéphane Robelin
Darsteller: Guy Bedos, Daniel Brühl, Geraldine Chaplin, Jane Fonda, Claude Rich, Pierre Richard, Bernard Malaka, Camino Texeira
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Berührende, schrullige Tragikomödie
InvasionderSenioren
„Und wenn wir alle zusammenziehen?“ von Stéphane Robelin
Zwei Pärchen, ein Single: Sie kennen einander seit Jahrzehnten, inzwischen haben sie allesamt die siebzig überschritten. Der ewig politische Aktivist Jean (Guy Bedos), der mit der eigenwilligen Annie (Geraldine Chaplin) eine turbulente Ehe führt, die selbstbewusste Jeanne (Jane Fonda), die ihrem Gatten Albert (Pierre Richard), einem Hundenarren, nicht immer die volle Wahrheit sagt, und mitten drin Claude (Claude Rich), ein in die Jahre gekommener Lebemann und Womanizer, der auch heute noch mancherlei frivolen Zeitvertreib pflegt. Eine enge Gemeinschaft, in denen die Männer eher lausbübisch dem Leben frönen, über Brüste philosophieren oder störrisch mit Gott und der Welt hadern. Die Frauen dagegen geben sich auch mal bedacht, verantwortungsbewusst und vorausschauend. Gegensätze, die sich seit Dekaden anziehen. Und so liegt denn eines Tages die Idee auf dem Tisch zusammenzuziehen. Annie stellt ihr Haus zur Verfügung, und schon bald rücken sie an, die Rentner. Als Unterstützung engagiert man den jungen Ethnologen Dirk (Daniel Brühl), der sich um Hund und Garten kümmert und dabei noch so einiges lernt, in dieser von Macken und Weisheit durchsetzten Seniorengemeinschaft.
Ja, sie kommen, die Rentner, und es werden immer mehr! Von der Invasion der Senioren spricht Daniel Brühl in dem Drama. Und die Invasion macht mit Filmen wie „Wolke 9“ oder „The Best Exotic Marigold Hotel“ zum Glück auch nicht vorm zeitgenössischen Kino halt, wo mal lebensnah, mal entrückt vom Alter erzählt wird. Diese wundervolle Tragikomödie nun speist sich aus beidem, dem Verträumten ebenso wie dem Lebensnahen. Regisseur Stéphane Robelin hat das Drehbuch selbst verfasst und fünf beseelte Charaktere erschaffen, die sich gemeinsam den Herausforderungen ihres Lebensabends stellen. Verschroben charmant folgt Robelin dem Treiben seiner Figuren, wie es nur die Franzosen im Kino hinbekommen: Weder amerikanisch verkitscht noch deutsch verkopft erzählt er leichthändig von alter Liebe und ewiger Freundschaft, von Sex und Gedächtnislücken, von Zorn und Vergebung. Dass er für sein beschwingtes Drama eine Riege amerikanisch-französischer Altstars gewinnen konnte, verleiht dem Ganzen eine zusätzliche Note: Während der Zuschauer in Nostalgie baden darf, werfen sich die prominenten Darsteller mit großer Spielfreude die Bälle zu und leben Rollen, an die in ihren Glanzzeiten nicht zu denken war. Ob Pierre Richard hier ausgebremst die Ruhe findet oder eine drahtige Geraldine Chaplin mit Sonnenhut, Shorts und türkisen Sneakers clownesque herumstapft – die Tragikomödie überzeugt rundum. Dafür darf sie sich auch ruhig ein wenig verklärt geben: Wenn es allen Senioren in Zukunft so geht wie diesen hier, sei es in Bezug auf Solidarität, sei es in Bezug auf finanzielle Sorglosigkeit, braucht man sich in Sachen Rentenpolitik keine Gedanken mehr zu machen. Aber das ist nicht schlimm, denn die Seele zählt. Und davon hat der Film reichlich.
(Hartmut Ernst)
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